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Die nächsten Tage vergingen mit Umzugsvorbereitungen und Lukas hatte
keine Zeit, an irgendetwas anderes zu denken. Den Umzug selbst, brachten sie relativ schnell
und gut über die Bühne. Patrick kam wie versprochen mit einigen Leuten vom Weingut und einem
Transporter. Juliane hatte noch für die ganze Truppe Kartoffelsalat gemacht, so verbrachten
sie trotz des Chaos in der neuen Wohnung noch einen lustigen Abend. Die nächsten Tage
verbrachte Lukas damit, die Wohnung halbwegs bewohnbar zu machen und am Montag darauf war der
erste Arbeitstag in seinem neuen Laden.
Lukas war ziemlich aufgeregt, wie ihm die neue Arbeit gefallen würde, was sich aber als völlig
unbegründet herausstellte. Herr Lutz war sehr nett, zeigte ihm alles im Laden und da ein
Fototermin mit einer jungen Familie anstand, durfte Lukas gleich mal zeigen, was er konnte.
Herr Lutz schien zufrieden sein, denn er schickte Lukas am nächsten Tag los, um Fotos für eine
Werbekampagne des Landratsamtes zu machen. Es war geplant, zum nächsten Fahrplanwechsel, die
vor 15 Jahren stillgelegte Strecke, zwischen Waldburg und Landau wieder zu eröffnen. Damit
sich dies rentierte, gab das Landratsamt bei einer Werbeagentur, eine Werbekampagne in
Auftrag, die wiederum die Fotos dazu, bei Foto Lutz bestellte. So die Worte des Herrn Lutz.
"Lassen sie sich was einfallen, unsere schöne Strecke in bestem Licht erscheinen zu lassen.
Sie können auch unsern Computer benutzen, um die Bilder später zu bearbeiten. Ich zeige
ihnen gleich, wie sie reinkommen. Mir ist es lieber, wenn sie raus gehen und ich glaube,
ihr jungen Leute "spielt" lieber am Computer, als wir Alten."
Lukas freute sich über das Vertrauen, es war ihm trotzdem etwas mulmig, denn an seinen Fotos
hing viel vom Ruf des Ladens ab. Wenn sie nicht gut genug wären, würde die Werbeagentur sicher
beim nächsten mal, einen anderen Fotografen nehmen.
Also überlegte er sich, wie er es am besten anstellen würde. Er kam zu dem Schluss, erst mal
beim Landratsamt anzurufen, mit welchen Zügen auf der Strecke überhaupt gefahren werden solle.
Dort bekam er die Auskunft, dass die WTB (Weintalbahn) speziell angefertigte Triebwagen
einsetzen will, mit denen sie jetzt bereits nach Landau fährt. Im Internet konnte Lukas
leider nicht die passenden Bilder von dem Triebwagen finden, also setzte er sich in sein
Auto und fuhr die 30km nach Landau. Dort am Bahnhof erkannte er gleich die blau-roten
Triebwagen der WTB und konnte einige tolle Fotos schießen. Dann war es bereits Nachmittag
und das schlechter werdende Licht, machte weitere Fotos unmöglich. Also verschob er das ganze
auf den nächsten Tag. Lukas hoffte, dass die Wetterfrösche recht behielten und das schlechte
Wetter wirklich erst übermorgen eintraf.
Der Sommer war wohl nun endgültig zu Ende, nach ein paar kühleren, aber sonnigen Tagen, war
jetzt Sturm und Regen angesagt. So langsam nahte die dunkle Zeit des Jahres, in der die Menschen
sich nach Licht und der Gesellschaft lieber Menschen sehnten. In solchen Momenten, wurde es Lukas bewusst,
dass er zwar liebe Freunde hatte, aber eigentlich doch ein wenig einsam war. Vielleicht sollte
er sich doch mal nach einer Beziehung umsehen. In Waldburg waren die Möglichkeiten dafür schon
mal viel besser. In dem Moment fiel ihm Tom ein und das kribbeln in der Magengegend, welches er
damals verspürte. Ich muss ihn unbedingt mal besuchen, wenn ich mal wieder nach Weinbach komme.
Vielleicht am Wochenende. Ja, das könnte gehen, mal sehen, was seine Agentur machte und vielleicht
könnten sie ja was zusammen unternehmen. Lukas malte sich aus, wie sie mit Bella und Max, den
er sich eventuell von Stefanie ausleihen könnte, zusammen spazieren gehen. Aber noch waren das
alles Wunschträume.
Auf einmal wurde Lukas jäh aus seinen Träumen gerissen, jemand klopfte ihm auf die Schulter
und sagte "Hallo Lukas!" Es war Peter, der Bruder von Stefanie. "Was tust du hier in Landau,
ich denke, du arbeitest in Waldburg?!" "Ja," sagte Lukas, "tue ich auch, aber mein Chef hat
mich beauftragt, Fotos für eine Werbekampagne zu machen und hier bin ich…habe gerade die
Triebwagen der WTB fotografiert, die auf der wiedereröffneten Strecke von Landau nach Waldburg
fahren sollen." "Ah, so, ja habe davon gehört", sagte Peter. "Und du, was machst du hier?
Hast du deine Firma hier?" "Ja", sagte Peter, "aber jetzt war ich gerade einen Kunden besuchen,
die Firmenräume sind am anderen Ende, fast an der Strasse nach Waldburg". "He, da bin ich
sicher an dir vorbeigefahren, in welcher Strasse genau?" "Im Burgweg… Bolt Soft Systems heißt
die Firma." "Ah, da werde ich auf dem Heimweg mal aufpassen". "Was hast du jetzt vor? Hast
du Zeit und Lust, einen Kaffee trinken zu gehen?" fragte Peter. "Klar, heute kann ich eh
nichts mehr fotografieren und in den Laden muss ich auch nicht mehr unbedingt". "Na, dann
komm", sagte Peter und bog in eine kleine Seitenstraße ab, die Lukas noch nie beachtet hatte,
bis jetzt war er meist nur zum einkaufen in Landau und das beschränkte sich mehr auf die
"Hauptmagistrale" der Fußgängerzone. An einem Eingang, über dem ein Schild mit dem Namen
"Tom`s" stand, machte Peter halt und ging hinein. Sie setzen sich an einen Zweiertisch in
der Ecke. Der Kellner, in einem engen Lycrashirt, kam süffisant lächelnd an den Tisch und
sagte: "Hi ihr zwei, was kann ich euch bringen?" Peter bestellte einen Kaffee und Lukas
einen Cappuccino. Schon halb im Gehen, drehte sich der Kellner noch einmal um und fragte
Peter: "Neue Eroberung, Peter? Süß…". "Nein Daniel, nur eine "Eroberung" meiner Schwester,
wenn man das so sagen kann", antwortete Peter und grinste, dass seine Ohren Besuch bekamen.
"Wie schade, hatte dich schon fast beneidet". Nachdem seine Neugier befriedigt war, machte
"Daniel" sich auf den Weg Richtung Bar und setzte den Kaffeeautomaten in Gang. Als er den
Kaffee brachte, sagte er augenzwinkernd zu Lukas, ich hoffe dir gefällt es bei uns und du
kommst mal wieder her ." " Ja, wenn es mich wieder einmal nach Landau verschlägt, kann gut
sein".
Lukas war total von der Rolle, Peter auch schwul, das hätte er auf den ersten Blick nicht gedacht
, obwohl er sonst fast immer wusste, wer wohin gehörte. Wie "blind" man doch sein konnte.
Entweder wusste Stefanie nichts davon oder sie hatte wie Patrick und Juliane kein Problem
damit. Peter sagte: "Alles klar? Ich wusste gleich, dass du zu uns gehörst". Als hätte er
Lukas Gedanken erraten, sagte er:" Wegen Stefanie brauchst du dir keine Sorgen machen, sie
ist mein größter "Fan", hi, hi ". Peter kicherte. Sie unterhielten sich eine ganze Weile,
über das "schwule Leben" und wie jeder von beiden bis jetzt damit umgegangen ist. Lukas staunte
über Peter, wie offen er damit umging und schämte sich fast ein bisschen, bis jetzt so "feige"
gewesen zu sein. Aber Peter konnte das gut verstehen, auf einem kleinen Dorf ist das nicht so
einfach und sagte: "Wenn du mal Lust hast, wir treffen uns immer am Freitag Abend hier, einfach
ein wenig quatschen, wer will, was trinken und ein bisschen Spaß haben." "Cool, da komme ich
sicher mal her, wenn alle so nett sind wie du?" "Kann ich nicht versprechen, aber du wirst
schon klar kommen, mit der Zeit lernst du sie alle kennen. So, jetzt muss ich aber, sonst
denken meine Angestellten, der Chef ist verschollen oder macht sich einen schönen Tag.
Quatsch das werden sie eh denken, muss aber trotzdem und so ganz unrecht haben sie diesmal
ja nicht, war wirklich nett mit dir. " Peter lachte wieder sein herzliches Lachen. Dann
gab er Lukas die Hand und links und rechts ein Küsschen, "Dann vielleicht bis bald einmal,
tschüüüsss und einen schönen Abend noch!" "Ja tschüß bis bald mal, ich fand es genauso
nett
mit dir." Dann ging Lukas zu seinem Auto und fuhr nach Hause.
Er freute sich schon auf die nächsten Tage und hoffte, das alles so positiv weitergeht.
Am nächsten Morgen schien die Sonne, die Wetterfrösche hatten sich mal nicht geirrt. Lukas
duschte, währenddessen die Kaffeemaschine anscheinend Schwerstarbeit leisten musste. So
"röchelte" sie jedenfalls. Ich glaube, ich sollte sie vielleicht mal wieder entkalken,
dachte sich Lukas und nahm sich vor, am Nachmittag Essigessenz zu kaufen. Nachdem er
gefrühstückt hatte, fuhr er erst mal ins Geschäft, um nachzufragen, ob noch anderes,
als der Fotoauftrag für ihn vorliegt. Das war nicht der Fall, Herr Lutz fragte nur, ob er
vorankäme. Lukas berichtete, wie weit er war und was er vorhatte. "Gut" sagte Herr Lutz,
"dann mal los". Lukas fuhr zum frisch renovierten Bahnhof von Waldburg. Da hatten sie
wirklich ganze Arbeit geleistet, aber da auch Geschäfte einziehen sollten, musste auch
eine ansprechende Fassade her. Ansonsten war der Bahnhof landschaftlich wirklich schön
gelegen, auf einer kleinen Anhöhe, von der man auf den Fluss und die gegenüber liegenden
Weinberge blicken konnte. In einer lang gezogenen Kurve konnte man ein kleines Stück des
Verlaufs der Strecke nach Landau sehen. Wenn man das richtig vermarkten würde, den Touristen
würde die Strecke sicher gefallen und viele, die in der Stadt arbeiteten, würden sich sicher über eine Bahnverbindung freuen. Schließlich waren die Parkplätze knapp und auch nicht billig.
Lukas machte einige Fotos, bis er dachte, dass es genug Material ist und fuhr dann zurück in
den Laden. Dort setzte er sich an den Computer und fing an, die Bilder zu bearbeiten.
Er fügte den Triebwagen der WTB, in das nach seiner Meinung am besten gelungene Foto vom
Bahnhof Waldburg ein und passte es so an, dass es aussah, als würde der Triebwagen auf
der Strecke nach Landau fahren. Alle andern Bilder bearbeitete er auch, so das sie
perfekt aussahen. Nach einer ganzen Weile, es war schon fast 16.00 Uhr, war er zufrieden
und rief Herrn Lutz, um ihm das Ergebnis zu zeigen. Der war sichtlich begeistert und meinte:
"Na, da wird sich die Werbeagentur aber freuen, wenn sie ihnen schon einen Teil der Arbeit
erledigt haben. Aber vielleicht entspricht das ja ihren Vorstellungen und sie verwenden
gleich ihre Montage. Und wir kriegen wieder einmal einen Auftrag, man kann nie genug
Kunden, vor allem Stammkunden haben! Wenn sie möchten, können sie gleich persönlich
hinfahren. Vielleicht kennen sie die Agentur sogar, sie ist in Weinbach, da haben sie
doch bis vor kurzem gewohnt, oder? Wiesenweg 3, bei "Tom`s Media 4 You", sagt ihnen
das was?" . Lukas rutschte fast das Herz in die Hose, Tom?! Das musste seine Agentur
sein, so würde er ihn wieder sehen, viel früher, als er sich das so gedacht hatte…
Schnell sagte er zu seinem Chef:" Ja gern, ich fahre gleich morgen früh hin, wenn es
recht ist." Herr Lutz nickte und sagte: "Gut, dann ruf ich an und mache einen Termin mit
Herrn Lehnert...."
Fortsetzung folgt

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