Inhalt
• Einleitung
• Ziele •
Psychologie
• Entwurf •
Style Guide
• Prototyp
• Ausblick
• Literatur
• Anhänge
3 Design ergonomischer Oberflächen
Unter dem Design ergonomischer Oberflächen wird
sowohl die Analyse als auch der Entwurf einer Benutzungsschnittstelle
verstanden. Design und Evaluation einer Oberfläche stellen mit ca. 50
Prozent einen gewichtigen Anteil am gesamten Softwareentwicklungsprozeß
dar.
Der Prozess der Oberflächenentwicklung gestaltet sich
grundsätzlich in iterativer Art und Weise (vgl. [Prei99] S. 5f). Dies
unterscheidet ihn von dem typischerweise phasenorientierten Software
Engineering. Es ist nahezu unmöglich, beim ersten Versuch ein annehmbares
Ergebnis zu erzielen. Das größte Problem besteht darin, dass sich die
Anforderungen während der Entwicklung verändern. So können
Benutzbarkeitsprobleme oft erst erkannt werden, wenn für die zu lösende
Aufgabe auch ein Prototyp zur Verfügung steht. Eine weitere Ursache liegt
in der Vielfalt der Aspekte, die eine Benutzungsschnittstelle
beeinflussen. Diese besteht nicht nur aus visuellen Elementen, die auf dem
Bildschirm angezeigt werden. Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Unterstützung
durch Hilfesysteme, Individualisierung, Organisation der Informationen
oder Mehrsprachigkeit sind weitere Gesichtspunkte, die beachtet werden
müssen. Die Besonderheiten des Entwicklungsprozess für
Benutzungsschnittstellen haben zu dem von Nielsen geprägten Begriff
Usability Engineering geführt. Ein so ausgerichteter
Softwareentwicklungsprozeß stellt sich das Ziel, durch ergonomisches
Design Effektivität bei höchstmöglicher Effizienz und
Benutzerzufriedenheit zu gewährleisten. Usability Engineering ist durch
einen engen Kontakt von Benutzern und Entwicklern charakterisiert. Typisch
ist auch die Verwendung von Werkzeugen, um das Prototyping zu
beschleunigen.
3.1 Usability
Design
Die wörtliche Übersetzung von Usability ist
Benutzbarkeit. Die DIN neigt jedoch dazu, dieses Wort mit
Gebrauchstauglichkeit zu übersetzen (vgl. [Dzid94] S. 387). Im folgenden
Beitrag werden beide Varianten synonym gebraucht. Die ISO definiert
Gebrauchstauglichkeit als "das Ausmaß, in dem ein Produkt durch
bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden
kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu
erreichen." ([ISO9241-11] S. 4) Der Nutzungskontext definiert die
Benutzer, Arbeitsaufgaben, Arbeitsmittel (Hardware, Software und
Materialien) sowie die physische und soziale Umgebung, in der das Produkt
genutzt wird. Nielsen nennt fünf Eigenschaften von Softwaresystemen, die
entscheidend die Benutzbarkeit beeinflussen. Dazu gehören Erlernbarkeit,
Effizienz, Wiedererkennbarkeit, Fehlerbehandlung und Benutzerzufriedenheit
(vgl. [Niel93] S. 26).
Beurteilt wird das Anwendungssystem von dem Benutzer
mit seinen individuellen Bedürfnissen. Er spielt demzufolge die zentrale
Rolle bei der Betrachtung der Gebrauchstauglichkeit. Aus diesem Grund
schlägt die ISO 13407 einen benutzerorientierten Gestaltungsprozess vor.
Dieser ist eine Art der Entwicklung interaktiver Systeme, die sich darauf
konzentriert, Systeme gebrauchstauglich zu machen (vgl. [ISO13407] S. 2).
Obwohl in der Norm explizit darauf hingewiesen wird, kann der Begriff "benutzerorientiert"
fälschlicherweise so verstanden werden, lediglich die Belange des
Benutzers zu berücksichtigen (vgl. Burm+00] S. 54). Aus diesem Grund wird
synonym auch von der benutzerzentrierten Softwaregestaltung gesprochen,
die eine aktive Einbeziehung des Benutzer klarer ausdrückt.
Der Gestaltungsprozess beginnt mit der Feststellung für
die Notwendigkeit des benutzerorientierten Ansatzes. Steht Ausmaß und
Umfang fest, kann ein interdisziplinäres Gestaltungsteam zusammengestellt
werden, welches aus DV-Verantwortlichen, Entwicklern und Endbenutzern
besteht. Dieses Team bleibt für die gesamte Projektdauer zusammen. Wurde
ein der Größe des Projektes angepasstes Team gebildet, können die vier
benutzerorientierten Gestaltungsaktivitäten durchlaufen werden
(vgl. Anhang A.8). Im ersten Schritt wird der Nutzungskontext
identifiziert (vgl. [ISO13407] S. 6ff). Dabei werden die Benutzermerkmale,
Arbeitsaufgaben und die organisatorische und physische Umgebung
analysiert. Abschnitt 3.2 beschäftigt sich mit diesen Aktivitäten
eingehend. Im anschließenden zweiten Schritt werden daraus die
Benutzeranforderungen und die organisatorischen Anforderungen abgeleitet.
Das IEEE fordert, dass die Anforderungsspezifikation abstrakt, eindeutig,
nachvollziehbar und überprüfbar ist. (vgl. Burm+00] S. 55). Das Entwerfen
der Gestaltungslösungen ist Inhalt des dritten Schrittes. Er stellt die
komplexeste Phase dar. Dabei können die Anforderungen mit Hilfe von
Simulationen, Modellen oder Prototypen konkretisiert werden. Die
Abschnitte 3.3 und 3.4 unterstützen bei der Grobgestaltung, zu der
Navigationsstruktur und Informationspräsentation gehören. Für die
Entwicklung von geeigneten Metaphern kann zusätzlich der Abschnitt 2.3 zu
Rate gezogen werden. In der Feingestaltung werden grafische Gestaltung und
Interaktionsverhalten bis ins Detail ausgestaltet. Dabei werden die in
Kapitel 4 genauer betrachteten Style Guides verwendet. Der vierte Schritt
des Gestaltungsprozesses besteht in der Beurteilung der
Gestaltungslösungen gegenüber den Anforderungen. Die Beurteilung bzw.
Evaluierung wird ausführlich in Kapitel 5 beschrieben. Sind die
Anforderungen nicht erfüllt, wird erneut der erste Schritt des
benutzerorientierten Ansatzes ausgeführt. Praktische Erfahrungen haben
gezeigt, dass vor allem bei den ersten Iterationen erhebliche
Verbesserungen der Gebrauchstauglichkeit zu erwarten sind. Der
Gestaltungsprozess sollte mindestens eine Iteration aufweisen, wobei eine
Zweite wünschenswert ist. Erfüllt die Gestaltungslösung die Anforderungen,
so ist die Entwicklung abgeschlossen. Die ISO 13407 bietet im Anhang
Formulare an, die bei der praktischen Umsetzung der vier Aktivitäten
genutzt werden können. Die Norm berücksichtigt auch, dass bestimmte
Benutzbarkeitsprobleme erst während der Anwendung über einen längeren
Zeitraum erkannt werden können. Sie fordert daher Pläne und Verfahren für
die Langzeitbeobachtung (vgl. [ISO13407] S. 9). So
können durch eine Hotline oder eine Seite im Internet dem Benutzer
Möglichkeiten zur Rückmeldung gegeben werden.
Wie bereits beschrieben, besteht der erste Schritt im
benutzerorientierten Gestaltungsprozess aus der Identifikation von
Aufgaben, Benutzern und Umgebung.
3.2 Aufgaben und
Benutzeranalyse
Die Analyse von Benutzern und Aufgaben, ist eine
zentrale Voraussetzung um eine ergonomische Oberfläche zu entwickeln.
Ebenso entscheidend sind organisatorische und ökonomische
Rahmenbedingungen. Dieser zweite Bereich wird an dieser Stelle nicht
genauer betrachtet.
Eine 1997 durchgeführte Studie ergab, dass etwa 60
Prozent aller Benutzbarkeitsprobleme darauf zurückgehen, dass der
Dialogablauf nicht dem Arbeitsablauf entspricht. Das heißt, dass die
Benutzungsschnittstelle nicht optimal an die zu lösende Aufgabe angepasst
ist (vgl. [GeHa98] S. 169). Inkonsistenz ist für 25 Prozent und
Unübersichtlichkeit der Dialogelemente für 15 Prozent der Probleme
verantwortlich. Der Entwicklungsprozess einer ergonomischen Oberfläche
muss demzufolge mit einer Aufgabenanalyse beginnen.
3.2.1 Aufgabenanalyse
Dieser Arbeitsschritt wird im allgemeinen
Softwareentwicklungsprozeß als Anforderungsanalyse bezeichnet. Im Bereich
der Oberflächenentwicklung spricht man jedoch von der Aufgabenanalyse
(vgl. [Olse98] S. 18). Das Ziel besteht darin, zu erkennen, was der
Benutzer mit dem Anwendungssystem erreichen möchte, welche Strategien und
Techniken er dabei benutzt und welche Informationen er für ihre
Realisierung benötigt.
Da Benutzer und Softwareentwickler zwei verschiedene
"Sprachen" sprechen, ist es wichtig, am Anfang des Projektes eine
gemeinsame Kommunikationsbasis zu bilden (vgl. [Prei99] S. 210ff). Der
Entwickler muss sich mit dem Handlungsumfeld des Benutzers beschäftigen,
um einen Einblick in das Fachgebiet zu bekommen. Anschließend sollten
Definitionen der verschiedenen Fachbegriffe aufgestellt werden. Sprechen
beide Seiten die gleiche "Sprache", kann mit der systematischen
Informationssammlung über die zu unterstützenden Aufgaben begonnen werden.
Für die Informationserfassung gibt es verschiedene
Möglichkeiten. Die einfachste ist die Beobachtung. Für sie wird keine
Vorbereitungsphase benötigt. Ebenfalls positiv ist der persönliche Kontakt
zwischen beiden Parteien. Fragebögen und persönliche Interviews bieten die
Möglichkeit, eine Vielzahl von Benutzern in die Analyse mit einzubinden.
Allerdings muss bei diesen beiden Techniken mit einer größeren
Vorbereitungszeit gerechnet werden. Fragebögen eignen sich insbesondere
zur statistischen Auswertung. Ein Nachteil sind die unter Umständen langen
Rücklaufzeiten. Im Ergebnis der Informationssammlung sollte der Entwickler
wissen, welche Aufgaben existieren, wie sie bisher gelöst wurden, welche
Probleme dabei auftreten und wie sich der Benutzer zukünftige Lösungen
vorstellt. Anschließend sollte der Prozess der Aufgabenzerlegung beginnen.
Shneiderman weißt auf dabei auftretende Schwierigkeiten hin. Werden zu
kleine Teilaufgaben gebildet, können Benutzer durch die Vielzahl
durchzuführender Aktionen bei der Aufgabenerledigung frustriert werden
(vgl. [Shne98] S. 70). Sind die Teilaufgaben zu komplex, werden viele
spezielle Optionen benötigt, die den Benutzer verwirren können. Im
Anschluss an die Informationssammlung sollten Aspekte der Reihenfolge,
Dauer und Häufigkeit einzelner Teilaufgaben bekannt sein. Ebenso wichtig
ist eine Unterscheidung in kritische und unkritische Aufgaben. Kritische
Aufgaben sind solche, welche bei fehlerhafter Ausführung entscheidend den
Arbeitsablauf negativ beeinflussen. Bekannt ist auch, welche Informationen
für die Aufgabenerledigung obligatorisch oder optional sind.
Im nächsten Schritt der Aufgabenanalyse werden
Sequenzen von Handlungsschritten entworfen. Dabei ist zu definieren,
welche Informationen vom Benutzer benötigt werden, welche das System
liefern kann und welche Informationen an den Benutzer zurückgegeben werden
müssen. Orientierungshilfen sind die oben genannten Aspekte. Häufig
auftretende Handlungen sollten besonders schnell erreichbar sein. Bei
ihnen ist auch auf eine angemessene Leistungsfähigkeit des Softwaresystems
zu achten. Bei jeder Sequenz ist zu analysieren, ob Komplikationen
auftreten können und welche Maßnahmen in diesem Fall einzuleiten sind. Mit
diesem Wissen können bereits Aussagen über die zu verwendenden
Interaktionsformen (vgl. Abschnitt 3.4.2) getroffen werden.
Den Abschluss der Aufgabenanalyse bildet die
Auswertung. Bis zu diesem Punkt wurde die Aufgabenanalyse darauf
beschränkt, den bisherigen Ablauf zu erfassen. Die Einführung eines neuen
Softwaresystems sollte jedoch als Anlass genommen werden,
Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen und einzuführen. In den seltensten
Fällen ist die Art und Weise, wie die Aufgaben bisher erledigt wurden,
optimal. Vor allem die Benutzer, als Experten auf ihrem Gebiet, können
dabei wichtige Anstöße geben. Die erweiterten Möglichkeiten, die ein
Softwaresystem bieten kann, beispielsweise der Einsatz von
leistungsstarken Datenbanken, müssen dem Benutzer jedoch dargeboten
werden. Werden diese neuen Techniken eingesetzt, ist eine qualitativ
bessere Lösung der Aufgabenerledigung möglich.
3.2.2 Benutzeranalyse
Kontakt zu den Benutzern eines Systems aufzubauen, ist
für die Entwicklung von ergonomischen Benutzungsschnittstellen von großer
Bedeutung. Nur dadurch kann eine angemessene Benutzeranalyse durchgeführt
werden. Dabei muss zwischen Auftraggebern, d.h. dem Kunden und den
Benutzern unterschieden werden. Zur Verdeutlichung wird deshalb auch von
den Endbenutzern gesprochen (vgl. [Prei99] S. 214f). Um die
Aufgaben genau zu analysieren müssen die Benutzer des Systems eingebunden
werden. Sie kennen nicht nur die Abläufe und Ergebnisse, sondern vor allem
die praktischen Probleme bei der Bewältigung der Aufgaben. Demgegenüber
stehen die Auftraggeber. Sie können die Aufgaben des Anwendungssystems
definieren, wissen jedoch weniger über die praktische Umsetzung. Doch vor
allem die Betrachtung von Details führt zu einer ergonomischen Oberfläche.
Außerdem hat die Einbeziehung der Benutzer einen wichtigen Nebeneffekt.
Wie in der Organisationslehre herausgearbeitet wurde, können Individuen
Veränderungen gegenüber ablehnend reagieren. Werden die Benutzer aktiv in
den Entwicklungsprozess einbezogen und können das System mit gestalten,
sinkt diese ablehnende Haltung. Ihre u.U. vorhandenen Ängste werden
dadurch abgebaut. Wird das nicht beachtet, kann das im schlimmsten Fall
zum Boykott und damit zum Scheitern des Projektes führen.
Benutzer unterscheiden sich in einer Vielzahl von
Eigenschaften. Dazu zählen Alter, Geschlecht, physische Fähigkeiten,
Ausbildung, kultureller und ethnischer Hintergrund, Motivation, Ziele und
Persönlichkeit, um nur einige zu nennen (vgl. [Shne98] S. 67f). Diese
verschiedenen Voraussetzungen müssen im Anwendungssystem berücksichtigt
werden, um für alle Benutzer eine ergonomische Oberfläche anbieten zu
können. Eine sorgfältige Analyse führt zur Bildung von Benutzergruppen.
Übliche Einteilungen gliedern sich beispielsweise in Anfänger, erfahrene
Benutzer und Experten. Eine Klassifikationen nach der Arbeitsaufgabe kann
beispielsweise die drei Gruppen Lehrling, Sachbearbeiter und
Abteilungsleiter ergeben. Ziel ist es, möglichst viele heterogene
Individuen in homogene Gruppen einzuordnen. Die Auswahl der Kriterien
hängt von dem konkreten Anwendungsfall ab. Sinnvolle
Unterscheidungsmerkmale sind zum Beispiel Ziele oder die Fähigkeiten und
Erfahrungen des Benutzers mit dem Anwendungsgebiet. Die Ermittlung der
verschiedenen Gruppen kann ähnlich wie bei der Aufgabenanalyse mit Hilfe
von Interviews und Fragebögen oder durch Beobachtung erfolgen. Hix und
Hartson weisen darauf hin, dass vor allem die Beobachtung der Benutzer
geeignet ist (vgl. [HiHa93] S. 128). Jede der identifizierten
Benutzergruppen hat verschiedene Anforderungen an das Anwendungssystem. Da
aus ökonomischen Überlegungen heraus nicht alle realisierbar sind, müssen
im Vorfeld der Entwicklung Prioritäten gesetzt werden. Im allgemeinen wird
man die meisten Zugeständnisse der Benutzergruppe mit den meisten
Mitgliedern machen. Ein anderes Kriterium ist die Dauer bzw. Häufigkeit
der Nutzung des Anwendungssystems.
Die Bildung von Benutzergruppen kann als Ausgangspunkt
der Erstellung von Benutzermodellen angesehen werden. Ein
Benutzermodell enthält explizite Annahmen über einen konkreten
Benutzer, die es ermöglichen, dass das System auf diesen Benutzer
zugeschnitten wird (vgl. [Prei99] S. 466). Die Annahmen bestehen im
einfachsten Fall aus Attributen mit entsprechenden Werten. Die Erstellung
und Verwaltung von Benutzermodellen durch das Anwendungssystem ist die
Grundvoraussetzung für adaptive Systeme.
Die folgenden Ausführungen sollen den Sachverhalt
verdeutlichen. Betrachtet man die zu lösende Aufgabe als Anwendungsbereich
A, so kann S(A) als Anwendungssystem bzw. die Implementierung des
Anwendungsbereiches bezeichnet werden (vgl. [Herc94] S. 18f). Das mentale
Modell des Benutzers vom Anwendungsbereich wird durch B(A) beschrieben.
Das Benutzermodell S(B(A)) ist somit das Modell des Systems vom mentalen
Modell des Benutzers. Eine Inkompatibilität zwischen S(A) und B(A) führt
bei der späteren Nutzung des Anwendungssystems zu Problemen. Diese
Inkompatibilität resultiert im allgemeinen aus einem unzulänglichen Modell
des Entwicklers vom mentalen Modell des Benutzers E(B(A)), kurz einer
unzureichenden Benutzeranalyse.
3.3
Gestaltungsgrundsätze für Dialoge
Unter dem Dialog zwischen Mensch und Maschine wird der
wechselseitige Informationsaustausch zur Erfüllung einer Aufgabe
verstanden (vgl. [Geis90] S. 141). Den hier betrachteten Dialog eines
Anwendungssystems kann man als zielorientierte Interaktion zwischen
Benutzer und Dialogsystem definieren. D.h., dass eine
Benutzungsschnittstelle aus mindestens einem, meist aber aus mehreren
Dialogen besteht. Die Initiative für den Informationsaustausch kann sowohl
vom Menschen als auch von der Maschine ausgehen und kann während des
Dialogverlaufes wechseln. Ziel des Dialoges ist eine Benutzerführung.
Der Anwender soll bei der Erledigung seiner Aufgabe unterstützt
werden. Ein guter Dialog vermeidet dabei jegliche Über- oder
Unterforderung des Menschen. Die vorher durchgeführte Benutzeranalyse
hilft bei der Umsetzung dieser Forderung. Ein Dialog sollte
selbsterklärend sein (vgl. Abschnitt 3.3.2). D.h., dass der Anwender den
Dialog selbstständig, ohne fremde Hilfe benutzen kann. Das bedeutet jedoch
nicht, dass auf die Einführung eines Anwendungssystems, die mit einer
Schulung verbunden sein kann, verzichtet werden darf. Weiterhin ist durch
die Dialoggestaltung sicherzustellen, dass das System vom Benutzer
akzeptiert wird. Die Anpassung des Dialoges an die Fähigkeiten des
Benutzer sollte ebenso möglich sein (vgl. Abschnitt 3.3.6). Diese kann
entweder durch den Benutzer erfolgen, oder durch das System automatisch
vorgenommen werden.
Um einen Dialog nach seiner Brauchbarkeit zu bewerten,
werden angemessene Kriterien benötigt. Benutzungsschnittstellen sind
jedoch "sehr inhomogene und vieldimensionale Gebilde, die sich weitgehend
einer direkten, objektiven Messung entziehen." ([Herc94] S. 104) Dennoch
gibt es eine Reihe von Merkmalen, die eine Bewertung ermöglichen. Die
ISO 9241 definiert sieben Grundsätze der Dialoggestaltung
(vgl. [ISO9241-10]). Diese sind nicht unabhängig voneinander. So kann es
nötig sein, Vorteile des einen Grundsatzes gegenüber denen eines anderen
abzuwägen. Im folgenden werden die Grundsätze einzeln beschrieben.
3.3.1
Aufgabenangemessenheit
Die ISO 9241-10 definiert einen Dialog als "aufgabenangemessen,
wenn er den Benutzer unterstützt, seine Arbeitsaufgabe effektiv und
effizient zu erledigen." ([ISO9241-10] S. 4)
Ein Dialog sollte nur die Informationen anzeigen, die
für die zu erledigende Aufgabe relevant sind. Damit soll eine
Reizüberflutung des Benutzers vermieden. Entwickler bieten oft
überflüssige Informationen an, weil beispielsweise die bei der
Programmierung verwendete Komponente diese Funktionalität bietet. Die
Frage, ob damit die Erledigung der Arbeitsaufgabe erleichtert wird, wird
oft nicht gestellt. Die Darstellung der Informationen muss dabei an die
Arbeitsaufgabe angepasst werden. So sollten beispielsweise lange Listen
nach Vorgabe des Benutzer sortiert werden können. Die Anzeige der
Genauigkeit von Zahlen wird nicht von den technischen Möglichkeiten
sondern von der Aufgabe vorgegeben. Aufgabenangemessenheit bedeutet auch,
dass das Dialogsystem automatisierbare Arbeitsschritte auch selbständig
ausführt. So können Positionsmarken im vorhinein sinnvoll platziert werden
oder Startprozeduren automatisch vom System ausgeführt werden. Bei der
Dialoggestaltung ist sowohl der Grad an Komplexität der Aufgabe als auch
die Qualifikation des Benutzers zu beachten. So müssen beispielsweise bei
komplizierten Aufgaben die Hilfetexte entsprechend umfassend die einzelnen
Teilprobleme erläutern. Die auf Verlangen des Benutzer angezeigte Hilfe
sollte sich mit der gegenwärtig zu bearbeitenden Aufgabe beschäftigen.
Innerhalb des Hilfesystems kann dann der Benutzer zu anderen
Themenbereichen navigieren (vgl. Abschnitt 3.4.6). Eine weitere Forderung
besteht in der Vorgabe von Standardwerten. Diese müssen sinnvoll
ausgewählt und durch den Benutzer veränderbar sein. Vor allem bei
Datumseingaben tritt häufig der Fall auf, dass das aktuelle Datum
eingegeben werden muss. Das Eingabefeld kann in diesem Fall vom
Anwendungssystem gefüllt werden. Enorme Zeiteinsparungen lassen sich auch
erreichen, wenn häufig wiederkehrende Aufgaben speziell behandelt werden
können. Es sollte möglich sein, diese zu automatisieren und damit zu
beschleunigen. Im allgemeinen wird das durch den Einsatz von Makros
realisiert (vgl. Abschnitt 3.4.8). Werden während der Erledigung einer
Aufgabe Daten geändert, sollte dem Benutzer möglich sein, die
ursprünglichen Daten wieder herzustellen. So kann beispielsweise die
Eingabe in einem Textfeld durch Drücken der Taste ESC wieder zurück
gesetzt werden. Deutlich mächtiger als dieser einfache Mechanismus ist
eine Undo-Funktion, die ganze Dialogschritte rückgängig machen kann
(vgl. Abschnitt 3.3.3). Die letzte Forderung besteht in der Vermeidung
unnötiger Arbeitsschritte. So kann beispielsweise das Drucken und
Schließen einer Rechnung in einem Schritt durchgeführt werden.
Die Effizienz des Dialoges hängt entscheidend von der
Anpassung des Systems an die Aufgabe ab. Die in Abschnitt 3.2.1
beschriebene Aufgabenanalyse ist dafür die Voraussetzung. Die
benutzergerechte Gestaltung kann mit der Anpassung an die Aufgabe
konkurrieren. In diesen Fällen muss ein Kompromiss gefunden werden.
3.3.2
Selbstbeschreibungsfähigkeit
"Ein Dialog ist selbstbeschreibungsfähig, wenn jeder
einzelne Dialogschritt durch Rückmeldung des Dialogsystems unmittelbar
verständlich ist oder dem Benutzer auf Anfrage erklärt wird."
([ISO9241-10] S. 5)
Diese Erläuterungen stellen eine Ergänzung der vorher
durchgeführten Benutzerschulung dar, keinen Ersatz. Hilfetexte sollen es
dem Benutzer erleichtern, sich schnell und problemlos ein mentales Modell
des Anwendungssystems aufzubauen. Die Erläuterungen müssen den Kenntnissen
des Benutzer angepasst sein. So kann vor allem bei Anfängern die
Darstellung von Beispielen hilfreich sein. Die Texte sollten sowohl die
Muttersprache des Anwenders als auch die Fachbegriffe des Arbeitsgebietes
verwenden. Ein Dialogsystem sollte nach jeder Handlung des Benutzers eine
Rückmeldung geben. Wird vom Benutzer ein Arbeitsschritt initiiert, der
schwerwiegende Folgen haben kann, sollte zuvor eine Bestätigung verlangt
werden. Dabei sollte der Benutzer die Möglichkeit haben, sich dazugehörige
Erläuterungen anzeigen zu lassen. Das Dialogsystem sollte sicherstellen,
dass der Benutzer immer über den gegenwärtigen Dialogzustand informiert
ist. Dazu gehört beispielsweise ein Überblick über vergangene und
zukünftige Dialogschritte. Wird eine Eingabe verlangt, sollten dem
Benutzer Informationen darüber angezeigt werden. Ein Beispiel ist die
Anzeige des erwarteten Formates. Das Hilfesystem (vgl. Abschnitt 3.4.6)
sollte die Erläuterungen kontextabhängig anbieten. Das bedeutet, dass in
Abhängigkeit der aktuellen Dialogsituation ein an den Anwendungszustand
orientierter Text angeboten wird. Merkmale der Dialogsituation stellen
beispielsweise das ausgewählte Fenster, der Eingabefokus, oder der
aktuelle Bearbeitungsschritt der Aufgabe dar. Hilfetexte können aktive
oder passiv sein. Ersteres bedeutet, dass der Benutzer die Initiative
übernimmt und durch eine entsprechende Eingabe die Anzeige von
Erläuterungen fordert. Aktive Hilfe sind automatisch vom System angebotene
Erläuterungen. Ein Beispiel wäre die Anzeige eines Hilfetextes nach einem
Eingabefehler.
3.3.3 Steuerbarkeit
"Ein Dialog ist steuerbar, wenn der Benutzer in der
Lage ist, den Dialogablauf zu starten sowie seine Richtung und
Geschwindigkeit zu beeinflussen, bis das Ziel erreicht ist."
([ISO9241-10] S. 6) Das heißt, dass die Kontrolle, soweit es die Aufgabe
zulässt, beim Benutzer liegen soll. Parallel durchführbare Aufgaben müssen
auch gleichzeitig abzuarbeiten sein. Das System sollte in mehrere
unterbrechbare und wieder fortsetzbare Teildialoge gegliedert werden. Auf
modale Dialoge, die einen Wechsel in einen anderen Dialog ohne vorherige
Beendigung verhindern, sollte beim Systementwurf verzichtet werden.
Ausgeschlossen sind kritische Vorgänge, wie zum Beispiel Fehlermeldungen.
Bei Systemen mit hohem Sicherheitsbedürfnis ist ebenfalls von zu großer
Freiheit für den Benutzer abzusehen und ein systemgesteuerter Dialog
vorzuziehen. Die Geschwindigkeit des Dialoges sollte dem Benutzer nicht
vorgeschrieben werden. So wird beispielsweise das Ende der Eingabe in
einem Feld mit der Taste ENTER durch den Benutzer signalisiert. Der
Benutzer sollte selbst die Interaktionsform auswählen können
(vgl. Abschnitt 3.4.2). So bevorzugen Anfänger beispielsweise die
Funktionsauswahl über Menüs, während Experten lieber Kommandos verwenden.
Die ISO 9241 subsumiert unter dem Begriff Steuerbarkeit auch die Forderung
nach Stornierbarkeit von Aktionen. Es sollte wenigstens der letzte
Dialogschritt, soweit seine Folgen reversibel sind, zurückgenommen werden
können. Diese Technik wird als Undo bezeichnet. Durch die
Möglichkeit die letzte Aktion rückgängig zu machen, wird der Anwenders
angeregt, das Anwendungssystem zu explorieren. Die Angst, einen Fehler zu
begehen wird entscheidend gesenkt. Soweit möglich sollte das System nicht
nur für den letzten, sondern für alle gemachten Schritte ein Undo
ermöglichen. Möchte der Benutzer etwas ausprobieren, ist meist eine
gewisse Anzahl von Arbeitsschritten notwendig, um das Ergebnis zu
erhalten. Wird diese Technik unterstützt, sollte die direkte Wahl des
entsprechenden Undo-Schrittes möglich sein, um mehrere Arbeitsschritte auf
einmal rückgängig zu machen. Da sich der Benutzer nur bis zu einen
gewissen Grad die letzten Aktionen merken kann, muss in diesen Fällen die
Anzeige der Schritte auch eine kurze Erläuterung beinhalten. Die Rücknahme
einer Undo-Operation wird mit Redo bezeichnet.
3.3.4
Erwartungskonformität
"Ein Dialog ist erwartungskonform, wenn er konsistent
ist und den Merkmalen des Benutzers entspricht, z. B. seinen Kenntnissen
aus dem Arbeitsgebiet, seiner Ausbildung und seiner Erfahrung sowie den
allgemein anerkannten Konventionen." ([ISO9241-10] S. 6)
Während sich die Erfahrungen des Benutzers bei der
Arbeit mit dem System immer mehr ausweiten, schränkt sich die Menge der
Erwartungen immer mehr ein. Stimmen die Erwartungen des Benutzers mit dem
tatsächlichen Systemverhalten überein, so ist das Anwendungssystem
konsistent. Dazu sollte Dialogverhalten und Informationsdarstellung
innerhalb des Dialogsystems einheitlich sein. Hierbei helfen sowohl der
Einsatz von Standardkomponenten als auch Style Guides. Eine Änderung des
Dialogzustandes sollte auf einheitliche Weise herbeigeführt werden. Dazu
zählen der einheitliche Aufruf des Hilfesystems oder der Abbruch eines
Dialogs mit der Taste ESC. Der Einsatz eines einheitlichen, dem Benutzer
vertrauten Wortschatzes steigert nicht nur die
Selbstbeschreibungsfähigkeit sondern auch die Erwartungskonformität. Die
Gestaltung von ähnlichen Aufgaben sollte immer gleich sein. Damit kann der
Benutzer ein bekanntes Verfahren leicht abgewandelt wieder einsetzen.
Zusätzlich ist ein hoher Grad an Konsistenz von Bedeutung, da er das
Lernen vereinfacht und unnötige Belastungen für den Benutzer vermeidet. Es
lassen sich drei Arten von Konsistenz unterscheiden
(vgl. [Herc94] S. 112). Die Einheitlichkeit der Dialoge innerhalb einer
Anwendung wird als innere Konsistenz bezeichnet. Sie muss durch den
Dialogentwickler sichergestellt werden. Dabei haben Verwendung,
Positionierung, Farbe und Verhalten von Bildschirmelementen einen großen
Einfluss. Die äußere Konsistenz beschreibt die Einheitlichkeit von
Dialogen verschiedener Anwendungssysteme. In diesem Bereich wirken die
Richtlinien und Techniken des zugrunde liegenden Betriebssystems
unterstützend. Die metaphorische Konsistenz beschreibt die Einheitlichkeit
der Dialoge mit der realen Arbeitswelt (vgl. Abschnitt 2.3). Insbesondere
die Aufgabenanalyse hilft dabei, eine entsprechende Metapher zu
entwickeln.
3.3.5
Fehlertoleranz
"Ein Dialog ist fehlertolerant, wenn das beabsichtigte
Arbeitsergebnis trotz erkennbar fehlerhafter Eingaben entweder mit keinem
oder mit minimalem Korrekturaufwand seitens des Benutzers erreicht werden
kann." ([ISO9241-10] S. 7)
Fehler und Probleme im Umgang mit Software treten
alltäglich auf. Etwa 10 Prozent der Computerarbeitszeit verbringen
Benutzer damit, diese zu bewältigen (vgl. [Kens+95] S. 217). Damit stellen
sie nicht nur eine zusätzliche Belastung für den Benutzer dar, sondern
verursachen ferner für das Unternehmen hohe Kosten. Fehler sind immer vom
aktuellen Arbeitskontext abhängig und bedürfen daher spezifischer
Behandlung. Syntaktische Fehler sind vom System erkennbar. Eine Korrektur
kann automatisch oder manuell erfolgen. Wird der Fehler automatisch
korrigiert, beispielsweise Tippfehler, muss der Benutzer darauf
hingewiesen werden, ohne jedoch den Dialogablauf zu stören. In dem
genannten Fall kann die Eingabe korrigiert angezeigt werden, was als
Hinweis ausreichend ist. Die automatische Fehlerkorrektur muss abschaltbar
sein. Bei manueller Fehlerbeseitigung muss eine Fehlermeldung erfolgen,
die in ihrer Ausführlichkeit anpaßbar ist. Das erlaubt unerfahrenen
Benutzern sich über den Grund des Fehlers ausführlich zu informieren,
während Experten mit diesen Informationen nicht belästigt werden.
Zusätzlich sollte der Benutzer bei der Behebung des Fehlers unterstützt
werden. Vorhandene Alternativen können dargestellt und erläutert werden.
Die Fehlermeldungen selbst sind verständlich, sachlich und konstruktiv zu
formulieren. Sie sollten einheitlich strukturiert werden. Dazu gehört
sowohl der Aufbau des Fehlertextes als auch seine Darstellung.
Das Ziel beim Entwurf des Anwendungssystems besteht
darin, das Auftreten von Fehlern zu vermeiden. So können Eingaben
beschränkt werden, indem z.B. keine Ziffern in Textfeldern mit Zahlen als
Inhalt erlaubt sind.
Semantische Fehler treten immer dann auf, wenn das
mentale Modell des Benutzers von dem tatsächliches Modell des
Anwendungssystems abweicht. Sie können vor allem durch erwartungskonforme
Systeme und den Einsatz geeigneter Metaphern eingegrenzt werden.
3.3.6
Individualisierbarkeit
"Ein Dialog ist individualisierbar, wenn das
Dialogsystem Anpassungen an die Erfordernisse der Arbeitsaufgabe sowie an
die individuellen Fähigkeiten und Vorlieben des Benutzers zulässt."
([ISO9241-10] S. 8) Umfassende Individualisierungsmöglichkeiten sind keine
Rechtfertigung, auf die ergonomische Gestaltung von Dialogen zu
verzichten. Die Möglichkeiten der Anpassung müssen durch den Entwickler
sinnvoll begrenzt werden. Damit sollen Beeinträchtigungen durch
Individualisierung vermieden werden. Beispielsweise darf es nicht möglich
sein, die Lautstärke eines Audiosystems soweit zu erhöhen, dass Hörschäden
entstehen können.
Grundsätzlich sollten Techniken zur Anpassung an
Sprache und kulturelle Eigenheiten bereit gestellt werden. Dieser Aspekt
wird unter dem Begriff Internationalisierung diskutiert. Weiterhin sollten
sensomotorische und geistige Fähigkeiten des Benutzers beachtet werden. So
ist beispielsweise für farbenfehlsichtige Anwender die Anpassung von
Farben ein wichtiges Kriterium. Das Wissen der Benutzer und ihre
Erfahrungen im Aufgabenbereich und mit dem Anwendungssystem sind
unterschiedlich und unterliegen einem stetigen Wandel. Dementsprechend
sollten Individualisierungsmöglichkeiten auch diesen Bereich abdecken. Ein
Beispiel ist die Anpassung des Umfanges von Hilfetexten. Die Darstellung
von Informationen sollte ebenfalls änderbar sein. So bevorzugen manche
Benutzer eine Listendarstellung, während andere die Darstellung in
Karteiform präferieren. Auch wenn in der Anwendung der Wortschatz des
Arbeitsgebietes verwendet wurde, sollte es dem Benutzer erlaubt sein,
eigene Bezeichnungen festzulegen. Die letzten Forderungen sind Anpassung
von Kommandos und die Wahl der Interaktionsform.
Die Kommandoanpassung umfasst sowohl ihre Bezeichnung als auch die
Funktionalität. Als Beispiel können die in Abschnitt 3.3.1 erwähnten
Makros genannt werden.
3.3.7
Lernförderlichkeit
"Ein Dialog ist lernförderlich, wenn er den Benutzer
beim Erlernen des Dialogsystems unterstützt und anleitet."
([ISO9241-10] S. 9)
Lernen als das Erarbeiten einer möglichst
geeigneten Vorgehensweise oder Strategie zur Erfüllung einer gegebenen
Aufgabe durch wiederholte Übung (vgl. [Joha93] S. 147) ist für die
effiziente Nutzung eines Softwaresystems von großer Bedeutung.
Umfangreiche Systeme können auch durch einführende Schulungen nicht von
Anfang an umfassend erfasst und in ihrer ganzen Funktionalität genutzt
werden. Vielmehr sollte der Benutzer unterstützt werden, selbstständig
sein Wissen über das System während seiner Nutzung zu verbessern und zu
erweitern. Dabei helfen die bereits erwähnten Metaphern, die es
ermöglichen, bereits vorhandenes Wissen in den neuen Bereich zu
transferieren. Eine Hilfefunktion wirkt ebenfalls unterstützend. Die im
Abschnitt 3.3.3 erläuterte Undo-Funktion unterstützt das "Learning-by-doing".
Bei diesem Konzept soll der Anwender während der Erledigung einer Aufgabe
lernen. Werden Schritte ausgeführt, die fehlerhafte Auswirkungen haben,
können sie jederzeit wieder rückgängig gemacht werden.
Die Lernförderlichkeit eines Anwendungssystems ist auch
wichtig, weil Benutzer die Eigenschaft besitzen, Funktionen und Abläufe
die länger nicht genutzt wurden, wieder zu vergessen. In diesen Fällen
reicht ein kurzes Wiederauffrischen des bereits Gelernten. Kurze Hinweise
in Form von Tipps (vgl. Abschnitt 4.2.23) können dabei bereits ausreichen.
Ein wichtiger Nebeneffekt besteht darin, dass Lernen bei der
Benutzerzufriedenheit ein positiven Einfluss besitzt.
3.4 Entwurfstechniken
Die im vorherigen Abschnitt herausgearbeiteten
Gestaltungsgrundsätze müssen bei der Entwicklung einer
Benutzungsschnittstelle umgesetzt werden. Erst damit kann eine
ergonomische Oberfläche entstehen. Es gibt eine Vielzahl von Prinzipien
und Techniken, die dabei helfen können. Diese sind allgemeiner formuliert
als konkrete Style Guides. Die Palette der Möglichkeiten ist jedoch zu
weit gefächert, als das eine umfassend vollständige Beschreibung aller
Aspekte möglich wäre. Aus diesem Grund werden die wichtigsten Prinzipen
ausgewählt und diskutiert. Die einzelnen Techniken sind meist von mehreren
Gestaltungsgrundsätzen beeinflusst. So unterstützt beispielsweise die
Anwendung von Icons die Selbstbeschreibungsfähigkeit und
Lernförderlichkeit. Die Auswahl der Interaktionsform wirkt sich dagegen
hauptsächlich auf die Steuerbarkeit von Anwendungssystemen aus.
Die hier aufgeführte Reihenfolge der einzelnen
Techniken steht nicht im Verhältnis zur ihrer Wichtigkeit. Vielmehr
sollten alle Prinzipien beachtet und benutzt werden. Den Grad der
Intensität geben die Rahmenbedingungen des Entwicklungsprojektes vor. Zu
diesen gehören sowohl die Aufgabe und die Benutzer als auch finanzielle
Gesichtspunkte. So wirken Sicherheitsabfragen innerhalb eines Systems
erschwerend bei der Benutzung, können aber äußerst nützlich und somit
sinnvoll sein. In diesen Fällen müssen Kompromisse eingegangen werden.
3.4.1 Fenstersysteme
Grafische Fenstersysteme werden heute in den meisten
Computersystemen als Dialogform genutzt. Durch sie ist eine bessere
Abbildung der menschlichen Gedankenwelt möglich, als das auf textueller
Kommunikation beruhende Dialogsysteme vermögen (vgl. [Prei99] S. 77). Ein
Fenster beschreibt dabei einen "separat steuerbaren Bereich auf dem
Bildschirm, der zur Darstellung von Objekten und/oder zur Durchführung
eines Dialogs mit dem Benutzer verwendet wird." ([ISO9241-16] S. 5) Es
bietet dem Benutzer eine Sicht auf das Anwendungssystem. Durch die
Verwendung mehrerer Fenster und damit unterschiedlicher Sichten kann dem
Anwender ein umfassendes Verständnis der Anwendung und ihres aktuellen
Zustandes vermittelt werden.
In den meisten grafischen Systemen können eine Vielzahl
von Anwendungen simultan ablaufen (vgl. [Olse98] S. 91). Dabei besteht
jede aus einem Haupt- und mehreren Unterfenstern. Um eine unnötige
Konfusion zu vermeiden, werden grafische Benutzungsschnittstellen auf der
Grundlage von Basis-Window-Systemen entwickelt. Diese werden durch
zwei Aspekte charakterisiert. Zum einem bieten sie Softwaredienste an, die
es Anwendungen ermöglichen, sowohl eigene Fenster zu erstellen und zu
organisieren als auch diese mit Interaktionselementen zu füllen.
Andererseits gestattet das Basis-Window-System dem Benutzer Größe und
Position der Fenster zu kontrollieren. Die dafür zuständige
Softwarekomponente wird als Fenstermanager bezeichnet.
Damit eignen sich Fenstersysteme ideal für die
parallele Bearbeitung mehrerer Aufgaben. Diese kann sowohl
anwendungsintern als auch anwendungsübergreifend stattfinden. Durch
überlappende Darstellung der Fenster können dem Benutzer die vorhandenen
Prozesse angezeigt werden. Diese Darstellung unterstützt die
Schreibtischmetapher. Genau wie beim Stapeln von Dokumenten, ist nur das
zu oberst liegende komplett sichtbar. Entsprechende Auswahlmechanismen, um
das aktuelle Fenster festzulegen, müssen durch das Anwendungssystem bereit
gestellt werden. Die einfachste Möglichkeit ist das Anklicken mit einem
Zeigegerät wie der Maus. Da Fenster nicht zwingend angezeigt werden,
sondern auch komplett verdeckt sein können, müssen innerhalb der Anwendung
Alternativen angeboten werden. Eine Auswahl mittels Menü umgeht das
genannte Problem.
Sowohl die Größe als auch die Position von Fenstern
kann vom Benutzer verändert werden. Ist durch den speziellen
Anwendungsfall diese Freiheit nicht sinnvoll, kann sie beispielsweise
durch Angabe der maximalen Größe beschränkt werden. Ein wichtiges
Kriterium bei Fenstersystemen ist die Platzierung der Fenster. In den
meisten Fenstermanagern, wie z.B. Microsoft Windows, sind zwar Strategien
integriert, diese sind jedoch unzureichend. So betreffen die Befehle zur
Neuanordnung der Fenster alle im derzeitigen Nutzungskontext erreichbaren
Fenster. Damit lassen sich Operationen nicht gezielt auf Fenster anwenden,
die für eine bestimmte Aufgabe erforderlich sind. Es gibt zwar den
Mechanismus einer Eltern - Kind Beziehung, diese Einteilung wird jedoch
durch den Entwickler vorgenommen und ist für den Benutzer unzugänglich.
Beim Anzeigen eines neuen Fensters sollte vom System sichergestellt
werden, dass es wichtige Bildschirmbereiche nicht verdeckt. So darf der
Dialog zum Suchen und Ersetzen bei der Sicherheitsabfrage nicht das Objekt
überlappen, welches ersetzt werden soll. Fenster sollten sich nach
Möglichkeit ihre letzte Position und Größe "merken". Üblicherweise
entwickelt ein Benutzer während der Arbeit mit dem Anwendungssystem eine
Fensteranordnung, die er auch zukünftig präferiert. Im entwickelten
Prototyp wurden dafür zwei Methoden eingeführt, die diese Arbeit
automatisch übernehmen (vgl. Abschnitt 4.2.1). Fenster bieten die
Möglichkeit, Daten von einem Fenster in ein anderes zu transferieren. Dies
erhöht die Effizienz bei der Aufgabenerledigung, da eine redundante
Erstellung der Daten nicht notwendig ist. Im allgemeinen wird dieser
Mechanismus mittels einer Zwischenablage realisiert.
Werden mehrere Aufgaben gleichzeitig abgearbeitet,
werden entsprechend viele Fenster benötigt. Dabei kann die
Bildschirmorganisation unübersichtlich werden, was zur Verwirrung des
Benutzer führt. Dieser beschäftigt sich dadurch sehr lange mit der
Verwaltung der Fenster. Die Effizienz der Aufgabenerfüllung sinkt.
Virtuelle Bildschirme sind eine Technik, um das zu verhindern. Der
Bildschirm wird in eine Raummetapher gewandelt. Dabei kann der Benutzer
verschiedene Fenster gruppieren und diese einem Raum zuordnen. Zwischen
den einzelnen Räumen kann der Benutzer beliebig hin und her wechseln,
wobei der jeweils aktuelle Raum bildschirmfüllend dargestellt wird.
Kruschinski gibt einige grundsätzliche Richtlinien zum
Aufbau von Fenstern (vgl. [Krus99] S. 36ff). Ein Fenster sollte nur die
für die Teilaufgabe relevanten Informationen anzeigen. Diese sind
allerdings vollständig darzustellen. D.h., dass alle benötigten
Informationen direkt im Fenster zugänglich sind. Die Informationsdichte
eines Fensters sollte zwischen 25 Prozent und 40 Prozent liegen. Sie
wichtet den durch die Interaktionselemente benötigten Platz mit der
gesamten Größe des Fensters. Einer der wichtigsten Aspekte der
Fenstergestaltung ist die Einhaltung der Konsistenz. Ein gleichartige
Struktur hat verschiedene Vorteile. So sinkt beispielsweise sowohl die
Lernzeit als auch Suchzeit des Benutzers, was gleichzeitig zu einer
Steigerung der Effizienz führt. Als letzter Punkt ist bei der Gestaltung
von Fensters auf ein harmonisches Erscheinungsbild zu achten. Dabei sind
die wichtigsten Faktoren Proportion, Balance, Vorhersagbarkeit, Symmetrie,
Einfachheit, Klarheit und Sequenz. Diese werden an dieser Stelle jedoch
nicht eingehend diskutiert. Kruschinski gibt in seiner Arbeit einen
ausführlichen Überblick darüber (vgl. [Krus99] S. 41ff).
3.4.2 Interaktionsformen
Bei der Nutzung von Anwendungssystemen treten bestimmte
Aktionen in gleicher oder ähnlicher Form immer wieder auf. Die Aktionen
werden als Interaktionsaufgaben bezeichnet (vgl. [Prei99] S. 117).
Sie drücken aus, was der Benutzer machen kann. Die
Interaktionsaufgaben können in verschiedener Art und Weise durch den
Anwender durchgeführt werden. So kann er beispielsweise zwischen Maus-
oder Tastatureingabe auswählen. Die verschiedenen Möglichkeiten werden als
Interaktionsform bzw. synonym Interaktionstechnik
bezeichnet. Sie drücken aus, wie der Benutzer etwas machen kann.
Grundsätzlich lässt sich die Aussage treffen, dass die Interaktionsform
sowohl von der zu erledigenden Aufgabe als auch von dem Benutzer abhängt.
Im folgenden werden die wichtigsten Interaktionstechniken näher
beschrieben. Obwohl hier eine getrennte Betrachtung stattfindet, werden
sie in der Praxis meist gemischt verwendet.
3.4.2.1
Deskriptive Interaktion
Die deskriptive Interaktion basiert auf der
Verarbeitung von Sprache. Dabei kann sowohl eine Kommandosprache als auch
natürliche Sprache eingesetzt werden. Die Kommandosprache war eine der
ersten Interaktionsformen von Benutzungsschnittstellen
(vgl. [HiHa93] S. 82). Sie besteht aus einer kontextfreien Grammatik,
deren Schlüsselwörter mit möglichst wenig Buchstaben auskommen. Aus diesem
Grund muss diese Sprache vom Benutzer erlernt werden. Wird sie beherrscht,
stellen die Kommandos eine äußerst effiziente Methode dar, mit dem System
zu kommunizieren. Unterstützend kann eine AutoComplete-Funktion vom System
angeboten werden (vgl. [Prei99] S. 119). Wird ein Kommando während der
Eingabe erkannt, obwohl es noch nicht komplett eingegeben wurde, so kann
es vom System automatisch ergänzt werden. Der Einsatz von Aliasnamen, d.h.
die Definition eines normalerweise kürzeren Wortes für ein Kommando
ermöglicht weitere Effizienzsteigerungen. Ein wichtiger Aspekt bei
Kommandosprachen stellt das Hilfesystem dar. Shneiderman betont, dass ein
solches nur schwer anzubieten ist (vgl. [Shne98] S. 73). Es existieren
jedoch Möglichkeiten, auch diese Interaktionsform entsprechend zu
unterstützen. So sollte der Benutzer möglichst schnell sowohl verfügbare
Kommando als auch seine Parameter einsehen können. Bei fehlerhafter
Eingabe kann automatisch eine Übersicht entweder der Parameter oder der
lexikalisch benachbarten Kommandos angeboten werden. Fehlende Angaben
können durch Standardwerte ergänzt werden.
Kommandosprachen besitzen viele Vorteile. Sie erfordern
keine speziellen Eingabegeräte und sind universell hinsichtlich der
Ausdrucksmächtigkeit. Bei Beherrschung der Syntax können Aufträge aller
Art effizient formuliert werden (vgl. [Ober94] S. 119). Die Aufzeichnung
eines Protokolls ist sehr leicht umzusetzen. Die Definition von Makros
gestaltet sich für den Benutzer unproblematisch. Neben den Vorteilen
existieren jedoch auch erhebliche Nachteile. So müssen die Kommandos
gelernt werden um aus dem Gedächtnis abrufbar zu sein. Eine flüssige
Interaktion erfordert eine schnelle und fehlerfreie Tastatureingabe.
Abkürzungen, Standards und Makros können dabei unterstützend wirken,
erhöhen jedoch den Lernaufwand. Der Wirkungsbereich von Kommandos umfasst
das gesamte System. Aus diesem Grund sind die Auswirkungen eines Kommandos
für den Benutzer schwer zu kontrollieren. Der hohe Lernaufwand gepaart mit
der konsequenten Ausrichtung auf Effizienz prädestiniert diese
Interaktionsform für professionelle Benutzer.
Die Interaktion über natürliche Sprache geht von der
gewohnten Sprache des Menschen aus. Sie erfordert deshalb keinen
zusätzlichen Lernaufwand. Damit ist sie für Gelegenheitsnutzer bzw.
Anfänger gut geeignet. Bei ihnen sinkt vor allem bei umfangreichen
Datenmengen die Effizienz der Eingabe. Das Hauptproblem bei
natürlich-sprachlichen Systemen besteht jedoch in ihrer Interpretation.
Die Bedeutung der Eingabe hängt stark vom Kontext ab. Tritt ein solcher
mehrdeutiger Fall auf, muss das System einen Klärungsdialog initiieren,
der wiederum die Effizienz mindert. Da die natürliche Sprache mit bis zu
300.000 Wörtern ein extrem umfangreiches Vokabular besitzt, können heutige
Anwendungssysteme nur einen kleinen Teil kennen und verarbeiten.
Das Gebiet der deskriptiven Interaktionsformen gewinnt
in letzter Zeit wieder an Bedeutung. Grund dafür ist die Einführung der
Spracheingabe. Die Steuerung von Computern über Sprache, beispielsweise
bei Fahrzeugnavigation oder -telefonie, wird auch in Zukunft weiter an
Bedeutung gewinnen.
3.4.2.2 Menüs
Menüs zählen zu den deiktischen bzw.
selektionsorientierten Interaktionsformen. Bei diesen wird dem Benutzer
die Möglichkeit gegeben, aus einem Angebot von Operationen bzw. Objekten
auszuwählen (vgl. [ISO9241-14] S. 5). Damit wird das Konzept der
Wiedererkennung unterstützt. Dieses basiert darauf, dass ein Mensch bei
der Erkennung deutlich leistungsfähiger als bei der Erinnerung ist.
Menüs sind eine Interaktionstechnik, die schnell
verstanden wird. Vor allem für Gelegenheitsbenutzer und Anfänger sind sie
gut geeignet. Zu den Vorteilen gehören die leichte Erlernbarkeit, die hohe
Anwendungsneutralität sowie die Vermeidung von Syntaxfehlern. Zusätzlich
ist der Eingabeaufwand sehr gering. Menüs unterstützen das entdeckende
Lernen , da sie bisher nicht verwendete und nicht erinnerte Alternativen
sichtbar machen (vgl. [Ober94] S. 129). Nachteile sind vor allem die
langsame Auswahl und der hohe Platzbedarf auf dem Bildschirm. Menüs sind
nur für kleine Auswahlmengen geeignet. Ein weiterer Nachteil ist die
Parameterübergabe bei Operationen. Diese sind nur durch aufwendige
Kaskadierung, d.h. die Bildung von Untermenüs, oder durch einen
zusätzlichen Dialog möglich. Die partielle Darstellung eines Menüs kann zu
Orientierungs- und Navigationsproblemen führen.
Menüs sind eine wichtige Interaktionsform, die in fast
jeder Anwendung genutzt wird. Aus diesem Grund wird ihnen in der
Richtlinie ISO 9241 ein eigener Teil gewidmet.
Das Hauptproblem bei der Verwendung eines Menüs ist
ihre Strukturierung. Das Ziel besteht darin, dass der Benutzer so schnell
wie möglich den gesuchten Menüeintrag findet. Da meist die Anzahl der
verfügbaren Optionen zu hoch ist, um effizient in einem einzigen Menü
angezeigt zu werden, ist die Bildung eines hierarchischen Menübaums
erforderlich (vgl. [ISO9241-14] S. 7). Jede zusammen angezeigte Gruppe von
Menüeinträgen wird als Menü bzw. Untermenü bezeichnet. Unter der Tiefe
eines Menüs versteht man die vorhandene Anzahl von Untermenüs. Die
Breite eines Menüs gibt die Anzahl von Menüpunkten der aktuellen Ebene
an.
Üblicherweise werden Menüpunkte nach ihrer inhaltlichen
Zusammengehörigkeit gruppiert. Das Ziel sollte eine breite Menühierarchie
sein, da die Suche deutlich schneller als in tiefen Hierarchien ist. Hier
tritt ein Zielkonflikt ein, da der Entwickler in Versuchung gerät,
inhaltlich relativ unabhängige Optionen in einem Menü zu gruppieren. Dem
ist jedoch entgegenzuwirken, da bei unlogischer Strukturierung der
Zeitvorteil der breiten Hierarchie verloren geht. Um den Entwickler bei
diesen Entscheidungen zu unterstützen, wurden umfangreiche Untersuchungen
durchgeführt. Shneiderman fasst diese zusammen und gibt einige
Empfehlungen (vgl. [Shne98] S. 257). Grundsätzlich sollte ein Menü aus
mindestens drei, maximal jedoch 20 Einträgen bestehen. Bei der Verwendung
von relativ vielen Menüeinträgen ist sind Separatoren bzw. Trennlinien
einzusetzen (vgl. [Prei99] S. 103). Diese führen zu Untergruppen und
beeinflussen die Suchzeit ebenfalls positiv. Die durchschnittliche Tiefe
von Menüs sollte zwischen zwei und drei liegen. Werden mehr Ebenen
genutzt, so kann das eine Desorientierung des Benutzers nach sich ziehen.
Ein Problem tritt auf, wenn bei der Entwicklung des Systems die Anzahl der
Menüeinträge noch nicht bekannt ist. In diesen Fällen sollten Maßnahmen
getroffen werden, welche die Bildung von schlechten Menühierarchien
vermeiden. So kann beispielsweise eine Aufteilung in mehrere Spalten
erwogen werden, oder dem Benutzer selbst die Möglichkeit der Anpassung
gegeben werden (vgl. Abschnitt 3.4.8).
Ein weiteren wichtigen Anhaltspunkt für die
Strukturierung bieten die verbreiteten Konventionen. Diese sind nach
Möglichkeit einzuhalten, da sie vielen Benutzern bekannt sind. So befindet
sich beispielsweise das Dateimenü jeweils links, während das Hilfemenü
grundsätzlich rechts angeordnet ist. Außer der Strukturierung sind
Platzierung und der Zeitraum, in dem das Menü sichtbar ist, festzulegen
(vgl. [Ober94] S. 127).
Das Konzept der Beschleunigungstasten ist ebenfalls zu
unterstützten. Beschleunigungstasten (engl.: accelerator key, shortcut key)
sind eine Kombination von Tasten, um eine Menü-Option aufzurufen, ohne
dass das entsprechende Menü auf dem Bildschirm angezeigt wird
(vgl. [ISO9241-14] S. 4). Damit kann der Zugriff auf einen Menüeintrag
wesentlich beschleunigt werden. Die Beschleunigungstaste wird im
Menüeintrag rechts vom beschreibenden Text angezeigt. Das System sollte es
dem Benutzer gestatten, für Menüeinträge selber Tastenkürzel zu vergeben.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Entwickler auf sinnvolle Vorgaben
verzichten kann. Für die Hilfefunktion ist beispielsweise die
Funktionstaste F1 üblich. Diese Beschleunigungstasten sind auch aktiv,
wenn das Menü nicht geöffnet ist. Zur schnellen Navigation in Menüs bietet
sich jedoch auch eine Selektion über Anfangsbuchstaben von Menüeinträgen
an. Der zu drückende Buchstabe wird in diesem Fall unterstrichen
dargestellt.
Häufig werden oft benutzte Menüeinträge in
Werkzeugleisten (auch: Symbolleisten) zusammengefasst, die durch den
Benutzer beliebig ein- und ausgeblendet werden können. Dabei werden die
Menüeinträge durch Icons repräsentiert. Diese sollten auch im Menüeintrag
genutzt werden, wobei sie links vom beschreibenden Text platziert werden.
Damit wird die Fähigkeit der Wiedererkennung des Anwenders genutzt und
ebenfalls eine Beschleunigung bei der Selektion erreicht. Von einer
dynamischen Modifikation von Menüs wird abgeraten. So könnten oft genutzte
Menüeinträge dynamisch in ihrer Position im Menü nach oben positioniert
werden. Kaum gebrauchte Einträge werden entsprechend weiter unten
angeordnet. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass durch die ständige
Neuorientierung des Benutzers der erhoffte Geschwindigkeitsvorteil
ausblieb.
Außer dem globalen Menü werden in Anwendungen oft
lokale Menüs angeboten. Sie werden als Pop-up-Menüs bezeichnet. Diese
werden üblicherweise mit der rechten Maustaste aktiviert und erscheinen
dynamisch in der Nähe des ausgewählten Objektes. Sie bieten sowohl von der
aktuellen Selektion abhängige, als auch globale Optionen. Die Nutzung
solcher Menüs ist insofern problematisch, als das sie nicht explizit
sichtbar sind. Aus diesem Grund müssen grundsätzlich alle Optionen auch
anderweitig aktivierbar sein.
In den letzten Jahren wurden einige interessante
Ansätze entwickelt, bestimmte Nachteile von Menüs abzuschaffen. Ein
Problem bei der Nutzung von Kontextmenüs besteht darin, dass der aktuelle
Bildschirminhalt teilweise verdeckt wird. Abhilfe lässt sich durch Nutzung
transparenter Menüs schaffen (vgl. [Prei99] S. 105ff). Bei diesen kann der
Benutzer durch den Hintergrund des Menüs "durchsehen". Im Idealfall lässt
sich die Stärke der Transparenz durch den Benutzer beeinflussen. Ein
Nachteil dieser Menüs ist, dass sie etwas schwerer lesbar sind, als
normale Menüs. Kreisförmige Menüs sind der Versuch, die Suchzeit weiter zu
verringern. Vorteilhaft ist dabei, dass alle Menüeinträge von der
Kreismitte gleich weit entfernt sind. Zeitgewinn bringt auch, dass ein
Benutzer sich die Richtung, in der sich der Menüeintrag befindet besser
merken kann, als dessen Position in einem linearem Menü. Während
Kreismenüs sich bisher nicht durchsetzen konnten, werden Abreißmenüs vor
allem in Grafikanwendungen benutzt. Diese Menüs sind auf dem Bildschirm
frei platzierbar. Sie können je nach Bedarf aus- bzw. eingeklappt werden.
Damit sind sie schnell im Zugriff, überdecken jedoch den Bildschirminhalt
nicht.
3.4.2.3 Direkte
Manipulation
Die direkte Manipulation ist "eine Dialogtechnik, durch
die der Benutzer den Eindruck erhält, die Objekte am Bildschirm direkt zu
bearbeiten, z.B. indem er mit Hilfe eines Zeigeinstrumentes auf sie zeigt,
sie verschiebt und/oder ihre physikalischen Eigenschaften (oder Werte)
verändert." ([ISO9241-16] S. 4). Thimbleby nennt als Hauptmerkmal der
direkten Manipulation die sofortige, konsistente und eindeutige
Darstellung der manipulierbaren Daten (vgl. [HaTh90] S. 130). Das
bedeutet, das verfügbare Objekte und Werkzeuge der Anwendung ständig
visualisiert werden. Damit soll dem Benutzer das Gefühl gegeben werden,
analog zu Realität arbeiten zu können. Auf Grund der Komplexität eines
Anwendungssystems kann in den wenigsten Fällen alles gleichzeitig
dargestellt werden. Eine Möglichkeit die Komplexität zu reduzieren, stellt
der Mechanismus der Modi dar. Ein Modus definiert einen Zustand des
Systems, in dem nur Teile der Daten und Funktionen angezeigt werden. Die
direkte Manipulation wird heute in fast allen grafischen
Benutzungsschnittstellen als Interaktionstechnik angewandt. In der
aktuellen Literatur wird sie oft zusammen mit dem Begriff Virtual Reality
(auch: Virtual Environment) genannt. Letzteres wird dabei als konsequente
Weiterentwicklung der direkten Manipulation angesehen.
Die direkte Manipulation bietet eine Vielzahl von
Vorteilen. Anfänger erlernen hier die Grundfunktionalität schneller als in
Systemen, die als Eingabe eine komplexe Syntax verlangen. Auch
Gelegenheitsbenutzer können sich die Grundkonzepte besser merken. Werden
an Objekten Veränderungen durchgeführt, so ist das Ergebnis direkt
erkennbar. Entspricht es nicht den Erwartungen des Benutzers, so kann er
es über die Undo-Funktion sofort rückgängig machen (vgl. [Ober94] S. 136).
Anschließend kann ein erneuter Versuch unternommen werden. Dieses
Rückkopplungsprinzip wird oft mit dem WYSIWYG-Prinzip verknüpft
(vgl. Abschnitt 3.4.5). Durch den Verbund von Objekt und Operation,
verringert sich die Fehlerrate, da der Benutzer nur Operationen auswählen
kann, die für das Objekt auch sinnvoll sind. Damit werden auch deutlich
weniger Fehlermeldungen benötigt. Zusätzlich erleben Benutzer weniger
Angstgefühle, da die Systeme verständlicher sind und Aktionen gefahrlos
ausprobiert werden können. Zutrauen und Sicherheit steigern sich
ebenfalls, da der Benutzer als Initiator auftritt und damit das
Systemverhalten vorhersehen kann.
Es gibt jedoch auch Einschränkungen. Vor allem bei
Routineaufgaben kann die Effizienz der Aufgabenerledigung sinken. Da die
Objekte immer direkt mit dem Zeigegerät anzusprechen sind, steigt mit der
Anzahl der auszuwählenden Objekte auch der Interaktionsaufwand. Das
Problem tritt auch auf, wenn Objekte anhand ihrer Eigenschaften ausgewählt
und manipuliert werden sollen. Soll beispielsweise aus tausend Objekten
eine Auswahl anhand von drei Eigenschaften vorgenommen werden, so muss bei
konsequenter Umsetzung der direkten Manipulation jedes Objekt ausgewählt
und bewertet werden. Es ist offensichtlich, das damit ein unzumutbarer
Interaktionsaufwand entsteht. Ein Lösungsansatz besteht darin, kleinere
Teildialoge zu entwickeln, die eine Filterung von Objekten nach
verschiedenen Eigenschaften durchführen. Die Ergebnismenge des Filters
kann dann einfach komplett selektiert und manipuliert werden. Als Beispiel
kann hier der Dateisuche unter MS Windows genannt werden. In dem oben
genannten Beispiel können deskriptive oder deiktische Interaktionsformen
deutlich effizienter sein. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass alle
Operationen des gewählten Objektes visualisiert werden müssen. Das ist
jedoch nicht immer möglich, da eine Überflutung des Benutzers die Folge
ist. Aus diesem Grund wird nur eine gefilterte Auswahl von Operationen
angeboten. Damit wird unter Umständen nicht die volle Funktionalität
kennengelernt und genutzt. Nachteilig ist auch der Umstand, dass die
grafische Symbolik kaum normiert ist. Ein großes Problem kann auftreten,
wenn die Grenzen der verwendeten Metapher vom Benutzer nicht erkannt
werden. Dies führt dann zu falschen mentalen Modellen und damit zu
Fehlhandlungen.
Durch eine intensive Aufgabenanalyse ist festzustellen,
in welchen Bereichen des Dialogs die direkte Manipulation nachteilig sein
kann. Hier ist dann dem Benutzer eine alternative Interaktionsform
anzubieten.
3.4.3
Antwortverhalten
Unter dem Antwortverhalten versteht man die zeitliche
Reaktion des Anwendungssystems auf Benutzereingaben. Das Antwortverhalten
ist für interaktive Systeme von großer Bedeutung. Treten hierbei
unerwartete Verzögerungen auf, verunsichert das den Benutzer. Mit
steigender Häufigkeit dieses Verhaltens kann das den Benutzer verärgern
und sogar frustrieren. Andererseits kann eine zu schnelle Systemreaktion
den Benutzer zu hastigem arbeiten animieren. Die Folge sind schlechterer
Lernerfolg, oberflächliches Lesen von Systemausgaben und Eingabefehler.
Der Zeitgewinn durch das schnellere Antwortverhalten geht damit wieder
verloren (vgl. [Shne98] S. 352). Ein Studie mit 4.448 Computerbenutzern
ergab, dass das Antwortverhalten die wichtigste Einflussgröße auf die
Zufriedenheit darstellt (vgl. [Goul+97] S.232). Eine höhere
Benutzerzufriedenheit führt zu größerer Motivation und damit zu einer
effizienteren Aufgabenerledigung.
Die wichtigste Teilgröße des Antwortverhalten eines
Computersystems ist die Antwortzeit (engl. response time). Diese gibt den
Zeitraum zwischen dem Ende der Eingabe des Benutzers und dem Beginn der
Ausgabe des Systems an.

Abbildung 4
Modell des Antwortverhalten von Computersystemen
(vgl. [Shne98] S. 353)
Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, plant der Benutzer
schon während der Eingabe der Daten weitere Schritte. Dieser
Planungsprozess wird auch innerhalb der Antwortzeit des Computersystems
fortgesetzt. Bei komplexen Aufgaben kann eine längere Antwortzeit zu einer
präziseren Planung und damit zu weniger Fehlern führen. Bei einfachen
Aufgaben wird der Benutzer durch eine lange Antwortzeit behindert. Dabei
wirkt sich vor allem der Informationsverlust des Kurzzeitgedächtnisses
aus. Die verlorenen Informationen müssen erneut beschafft werden, was
zusätzliche Zeit benötigt und Kosten verursacht. Das bedeutet, dass eine
optimale Antwortzeit sowohl durch den Benutzer, als auch durch die
Komplexität der Aufgabe bestimmt wird.
Empirische Untersuchen haben einige Faktoren
herausgearbeit, welche die Bestimmung einer günstigen Antwortzeit
beeinflussen. Vor allem Erfahrungen mit ähnlichen Systemen rufen
entsprechende Erwartungen bei dem Benutzer hervor. Miller hat heraus
gefunden, dass Benutzer bei einer Antwortzeit zwischen zwei und vier
Sekunden eine Abweichung von 8 Prozent bemerken (vgl. [Shne98] S. 359).
Ist die Antwortzeit länger als erwartet, wird der Benutzer ungeduldig. Die
Akzeptanz gegenüber dem Anwendungssystem sinkt. Ist sie jedoch
überraschend kurz, so wird der Benutzer skeptisch, ob alles korrekt
abgelaufen ist. Wird beispielsweise der aktuelle Arbeitsstand durch den
Benutzer gesichert, so erwartet dieser eine kurze, aber merkbare
Antwortzeit. Das völlige Fehlen dieser Verzögerung kann in dem Benutzer
das Gefühl einer Fehlfunktion wecken. Einen Einfluss auf die Antwortzeit
haben auch persönliche Merkmale des Benutzers. So akzeptieren Anfänger
eher längere Wartezeiten als Experten. Weitere Faktoren sind Alter,
momentane Belastung oder die Tageszeit. Die untere Grenze für die
Antwortzeit legt die Rechenleistung des benutzten Computersystems fest. Im
allgemeinen sollte die Antwortzeit unter einer Sekunde liegen. Die
Obergrenze liegt bei drei bis vier Sekunden. Ab dieser Zeitspanne wird
durch die ISO 9241 eine entsprechende Systemmeldung verlangt. Diese
informiert den Benutzer über den aktuellen Zustand des Systems.
Verbreitete Techniken sind dabei Fortschrittsbalken oder Mauszeiger mit
sich zeitlich verändernder Darstellung. Bei Microsoft Windows ist das
beispielsweise eine sich drehende Sanduhr. Letzteres wird genutzt, wenn
der für die Funktion benötigte Zeitraum nicht im voraus berechnet werden
kann.
Im Prototyp wurde für diesen Anwendungsfall die Klasse
ProgressBar entwickelt. Diese zeigt
ein Fenster mit einem Fortschrittsbalken an. Ist eine genaue Anzeige des
Systemzustandes auf Grund fehlender Granulierung
der Prozessschritte nicht möglich, so kann eine Zeitspanne angegeben
werden, in welcher der Balken 100 Prozent erreicht. Für die Ermittlung
dieser Zeitspanne kann der Prozess während der ersten Ausführung überwacht
und die tatsächlich benötigte Zeit gemessen werden. Bei wiederholter
Abarbeitung des Prozesses kann diese als Vorgabe für den
Fortschrittsbalken genutzt werden. Sind Messungen nicht sinnvoll, da die
Prozessdauer bei jeder Ausführung schwankt, sollte die Anzeige durch einen
sich verändernden Mauszeiger realisiert werden.
Die Antwortzeit lässt sich nur schwer messen, da sie
sowohl von hardware- als auch softwaretechnischen Einflüssen abhängt.
Statistische Messungen an Prototypen ermöglichen es jedoch, Aussagen zu
treffen. Die Zielgröße für die Evaluierung von Antwortzeiten stellt die
Produktivität dar. Sie wird durch die Anzahl der korrekt durchgeführten
Aufgaben pro Zeiteinheit bestimmt. Damit wird sie durch eine höhere
Fehlerrate negativ beeinflusst. Das Optimum ist erreicht, wenn die Kosten
für eine weitere Verbesserung der Antwortzeit höher sind, als die
Einsparungen durch höhere Produktivität. Damit muss die durch das System
mögliche minimale Antwortzeit nicht immer die günstigste sein. Tendenziell
lässt sich jedoch feststellen, dass die zu langen Antwortzeiten den
größeren Problembereich darstellen.
3.4.4 Icons
Icons stellen einen Grundbestandteil grafischer
Benutzungsschnittstellen dar. Sie sind symbolische Darstellungen von
Objekten bzw. Operationen. Im deutschen Sprachgebrauch werden sie synonym
als Piktogramme bezeichnet. Die wörtliche Übersetzung aus dem lateinischen
lautet geschriebenes Bild. Der Duden definiert Piktogramme
als "formelhaftes, graphisches Symbol mit international festgelegter
Bedeutung." ([Stau87] S. 5) Nach ISO 11581 ist ein Icon "eine Graphik auf
einem Sichtanzeigegerät, das eine Funktion eines Rechnersystems
repräsentiert." ([ISO11581-1] S. 6) Das wichtigste Merkmal von
Piktogrammen ist ihre abstrakte Darstellung. Damit sind sie gegenüber
Fotos oder Bildern nicht so anschaulich. Ihre Bedeutung, d.h. was sie
repräsentieren sollen, wird vom Benutzer hingegen besser erkannt. Durch
die grafische Darstellung fallen Icons dem Anwender leicht auf. Deshalb
werden wichtige bzw. oft benötigte Funktionen oder Objekte mit Hilfe von
Icons dargestellt.
Icons entsprechen durch ihre abstrahierte Darstellung
einer symbolhaften Sprache. Solche Sprachen werden in allen Bereichen des
Lebens genutzt. So ist die Beschilderung im Straßenverkehr oder von
Bahnhöfen und Flugplätzen ein Beispiel für die Verwendung von
Piktogrammen. Damit können Kenntnisse aus diesen Wissensbereichen auch bei
den Icons für die Benutzungsschnittstelle eines Anwendungssystems
angewendet werden. Durch den bildhaften Charakter können Piktogramme in
verschiedenen Kulturbereichen verstanden werden. Icons sind demzufolge
nicht nur bei Vorhandensein von verschiedenen Benutzergruppen ideal
anzuwenden. Sie tragen auch zur Internationalisierung des Softwaresystems
bei. Bei der Entwicklung ist allerdings zu beachten, dass beispielsweise
bestimmte Farben in manchen Ländern eine unterschiedliche Bedeutung
besitzen.
Die Entwicklung von Icons bzw. Icon-Sätzen ist ein
aufwendiger Prozess, der nicht unterschätzt werden darf. Ein Icon-Satz
besteht aus einer Gruppe von inhaltlich zusammengehörigen Icons. Diese
Zusammengehörigkeit sollte auch durch die grafische Darstellung deutlich
gemacht werden. Bestimme Aufgabenbereiche finden sich in vielen
Anwendungssystemen wieder. Ein Beispiel dafür sind die Funktionen Undo,
Ausschneiden und Einfügen. In diesen Fällen existieren bereits
Piktogramme, die dem Benutzer bekannt sind. Um eine
anwendungsübergreifende Konsistenz zu erreichen, sollten sie
berücksichtigt werden (vgl. [Stau87] S. 99). So wird für die Funktion
Drucken im allgemeinen ein Icon mit einem Drucker genutzt. Innerhalb eines
Icon-Satzes sollten gleiche Farben sowie einheitliche Symbolgrößen und
Ränder benutzt werden. Trotz der Gleichartigkeit innerhalb des Satzes
müssen die einzelnen Piktogramme klar voneinander unterscheidbar sein.
Durch einen klaren Kontrast zum Hintergrund wird das Erkennen der Icons
ebenfalls erleichtert. Die verschiedenen Icon-Sätze sind innerhalb eines
Anwendungssystem konsistent zu gestalten. Dabei ist die Definition einer
Farbtabelle hilfreich. Die Erstellung bzw. Produktion von Piktogrammen
wird idealer Weise mit Hilfe der Benutzer durchgeführt
(vgl. [Stau87] S. 95). So können bereits vorhanden mentale Modelle
Vorgaben über die Darstellung liefern. Es ist zu beachten, dass der
Benutzer die Funktion des Icons erkennen muss, nicht der Designer. Nach
der Entwicklung von Piktogrammen ist im Rahmen der Evaluation sicher
zustellen, dass die Symbole richtig gedeutet werden. Staufer gibt in
seinem Buch einen detaillierten Überblick über mögliche Methoden. Im
wesentlichen wird die Erkennbarkeit und Verständlichkeit bewertet. Die
ISO 11581 nennt mit Unterscheidbarkeit, Erlernbarkeit, Leserlichkeit und
Wiedererkennbarkeit weitere Kriterien, die eine Beurteilung des Icon
erlauben (vgl. [ISO11581-1] S. 6f). Quantifiziert werden diese
Eigenschaften durch Zeitmessungen, Zählung von Fehlern und Übereinstimmung
zwischen der erkannten semantischen Bedeutung und der tatsächlichen
Funktion des Piktogrammes (vgl. [Stau87] S. 119). Der Gesamtprozess der
Piktogrammentwicklung wird in Anhang A.8 dargestellt.
Die Entwicklung und Verwaltung von Icons kann bei
umfangreichen Projekten ein nicht unerhebliches Ausmaß annehmen. Aus
diesem Grund existieren Tools, die diese Aufgaben übernehmen. Moderne
Softwareentwicklungsumgebungen bieten in der Regel einen integrierten
Icon-Editor an.
Einen weiteren großen Vorteil, den Icons bieten, ist
die Möglichkeit, auch Zustände bzw. Modi anzeigen zu können. Dazu wird ihr
Aussehen geändert. Häufig wird diese Technik bei Ein/Aus Zuständen
eingesetzt. Meist wird durch eine Änderung des Hintergrundes bzw. der
Farben der jeweilige Zustand angezeigt. Es besteht auch die Möglichkeit,
das Symbol selbst zu ändern. Allerdings ist zu beachten, dass eine zu
große Abweichung Nachteile bei der Wiedererkennung nach sich zieht. Unter
Umständen wird dann vom Benutzer der Zusammenhang zwischen beiden
Zuständen nicht mehr erkannt, was zu Einbußen bei der Effizienz führen
kann.
Ein Nachteil von Icons ist, dass auch momentan nicht
verfügbare Aktionen bzw. Objekte angezeigt werden. Um diesen Effekt
abzuschwächen, werden diese Icons üblicherweise grau dargestellt, um ihre
Inaktivität anzuzeigen. Weiterhin wird für die Erkennung von Piktogrammen
ein Vorwissen des Benutzers vorausgesetzt. Eine weitere Schwachstelle ist
die Mehrdeutigkeit. Es wurde zwar hinreichend beschrieben, wie dieser
Nachteil möglichst vermieden werden kann, auszuschließen ist er jedoch
nie.
Icons werden auch zusammen mit Schaltern oder in Menüs
verwendet. Auch hier gelten die oben gemachten Aussagen. Ist an anderer
Stelle ein Zugriff auf die gleichen Funktionen oder Objekte möglich, so
sind jeweils die gleichen Icons zu verwenden. Ein Beispiel dafür ist die
Verwendung von Symbolleisten für den Schnellzugriff von wichtigen
Menüpunkten.
3.4.5 WYSIWYG-Prinzip
Das WYSIWYG-Prinzip (What you see is what you get)
bedeutet, dass die Benutzereingaben auf dem Bildschirm so dargestellt
werden, wie sie später auf dem Drucker erscheinen würden
(vgl. [Prei99] S. 120ff). Ursprünglich für Textverarbeitungen entwickelt,
wird dieses Prinzip heute in vielen Softwaresystemen integriert.
Führt ein Benutzer eine Manipulation an einem Objekt
durch, so werden die Auswirkungen und damit das Ergebnis sofort sichtbar.
Diese sofortige Rückkopplung führt dazu, dass Fehler schneller erkannt
werden. Vor allem vom System erkennbare Fehler können dem Benutzer
unmittelbar angezeigt werden. Dieser kann dadurch sofort zielgerichtete
Gegenmaßnahmen einleiten, ohne weitere Operationen auszuführen, die auf
den Fehler aufbauen und damit unsinnig wären. Ein weiterer Vorteil dieser
Technik ist, dass zusätzliche Informationen, die die Darstellung
betreffen, nicht auf dem Bildschirm erscheinen. So kann auf die explizite
Anzeige von Formaten oder Positionen verzichtet werden, da der Benutzer
diese implizit aus der Darstellung erkennen kann. Damit wird eine größere
Übersichtlichkeit erreicht.
Das WYSIWYG-Prinzip hat jedoch auch Nachteile. Ein
Problem stellt die nie ganz exakte Übereinstimmung zwischen
Bildschirmausgabe und Ausdruck dar. Diese beruht auf den physikalischen
Charakteristika der unterschiedlichen Geräte. Vor allem bei farbigen
Grafiken tritt dieses Problem auf. Die konsequente Umsetzung des
WYSIWYG-Prinzip kann sich bei der Erledigung bestimmter Aufgaben auch
hinderlich auswirken. So ist zum Beispiel bei der Verfassung eines
längeren Textes die ständige Darstellung der eingefügten Grafiken störend,
da sie sowohl Platz auf dem Bildschirm als auch Computerressourcen
beanspruchen. Ferner können für bestimmte Aufgaben Informationen über die
Darstellung der Objekte für den Benutzer wichtig sein. Beispiele dafür
sind die Gliederung eines Dokumentes oder die hierarchische Struktur eines
CAD-Modells.
Aus den genannten Gründen ergibt sich die Forderung,
dass WYSIWYG-Ansichten nicht die einzige im Softwaresystem angebotene
Sicht sein darf. So können diese Ansichten mit zusätzlichen Informationen
angereichert werden, was jedoch das Konzept durchbrechen würde. Eine
andere Lösung ist das gleichzeitige Angebot von Struktur- und
WYSIWYG-Ansicht. Beide Sichten müssen in diesem Fall jedoch synchronisiert
werden. Der einfachste Ansatz ist, es dem Benutzer zu ermöglichen,
zwischen den verschiedenen Sichten wählen zu können. Dabei entspricht jede
Sicht einem Modus. Das WYSIWYG-Prinzip wird häufig mit der Technik der
direkten Manipulation verknüpft (vgl. Abschnitt 3.4.2.3).
3.4.6 Hilfesystem
Es gibt praktisch kein Anwendungssystem, welches
umfassend verständlich ist. Aus diesem Grund müssen dem Benutzer
Möglichkeiten zur Unterstützung geboten werden. Das können Schulungen
durch Experten, Handbücher oder Hilfesysteme sein. Im Rahmen dieser Arbeit
werden letztere genauer diskutiert.
Als Hilfesystem wird jedes Programm bezeichnet,
das bei der Benutzung eines interaktiven Systems durch explizite
Erklärungen hilft (vgl. [Herc94] S. 161). Es erklärt den Systemzustand,
d.h. vorhandene Objekte, ihre Eigenschaften und Beziehungen untereinander.
Zusätzlich wird die Funktionalität beschrieben, also die Operationen mit
denen die Eigenschaften von Objekten manipuliert werden können.
Hilfesysteme bieten eine Reihe von Vorteilen (vgl. [Shne98] S. 425f). Sie
sind, im Gegensatz zu Handbüchern, während der Arbeit mit dem
Anwendungssystem ständig verfügbar. Durch Aktualisierungen, beispielsweise
mit Hilfe des Internet, können sie kostengünstig immer auf dem neuesten
Stand gehalten werden. Der Einsatz von Suchmaschinen ermöglicht das
Anbieten spezifischer, aufgabenabhängiger Informationen. Innerhalb des
Hilfesystem können multimediale Komponenten wie Grafik, Ton oder Animation
verwendet werden. Es existieren jedoch auch Nachteile. So sind längere
Texte vor allem auf Monitoren mit niedriger Auflösung nicht so gut lesbar,
wie auf Papier gedruckter Text. Dabei können längere Bearbeitungszeiten
von 15 bis 30 Prozent auftreten. Die niedrigeren Auflösungen können auch
dazu führen, dass Grafiken und Bilder schlechter dargestellt und damit
fehlinterpretiert werden. Bei Anfängern können Probleme bei der Anwendung
des Hilfesystem auftreten, da sie mit der Benutzungsschnittstelle des
Hilfesystems nicht vertraut sind. Ein weiterer Nachteil besteht darin,
dass das Hilfesystem Platz auf dem Bildschirm benötigt. Dadurch können
Teile des Anwendungssystems verdeckt werden, was zu einer höheren
Belastung des Kurzzeitgedächtnisses des Benutzers führt. Aus diesen
Gründen sollten sowohl Online-Hilfe als auch Handbücher angeboten werden.
Moderne Konzepte ermöglichen es, beides aus einem einzigen Datenpool zu
erzeugen, so dass nur ein geringer zusätzlicher Aufwand entsteht.
Sieht man Hilfesysteme als eine besondere Form von
Anwendungssystemen, so lassen sich die gemachten Aussagen über
ergonomische Aspekte auch in diesem Bereich anwenden. Da jedoch Aufgaben
und Ziele eines Hilfesystems bekannt sind, können einige speziellere
Aussagen getroffen werden.
Wie ein Dialog kann auch das Hilfesystem nach Art der
Aktivierung unterschieden werden. Passive Hilfe wird durch den Benutzer
initiiert. Sie ist bei fast allen Softwaresystemen integriert. In den
Anfängen der Hilfesysteme waren dies meist Online user manuals, die
lediglich die Handbücher in elektronischer Form anbieten
(vgl. [Shne98] S. 411). Diese Hilfesysteme waren schlecht zu nutzen, da
die angebotenen langen Texte sehr unüberschaubar waren. Eine erste
Verbesserung war die Einführung von Zugriffsstrategien. Sie ermöglichen
dem Benutzer durch eine Auswahlfunktion gezielt auf Teile der
Hilfeinformationen zuzugreifen. Solche Hilfesysteme werden als Online
help facility definiert. Bei ihnen ist mindestens ein statischer Index
vorhanden. Implementierte Suchfunktionen, die mit natürlich-sprachlichen
Anfragen umgehen können, stellen ein leistungsstärkeres Instrument für den
Benutzer dar. Das Anfrageergebnis stellt einen dynamisch erzeugten Index
dar. Dieser zeigt auf die entsprechenden Hilfetexte, die selbst aber
weiterhin statisch sind. Das Problem bei natürlich-sprachlichen Anfragen
ist die Schwierigkeit, die Anfrage syntaktisch und semantisch korrekt zu
erfassen. So können Tipp- oder Schreibfehler ein korrekte Auswertung
verhindern. Ebenfalls problematisch stellt sich die Auswertung des
inhaltlichen Zusammenhangs bei Eingabe von Wortgruppen dar. Die
angesprochenen Probleme sind im Rahmen des Information Retrieval Thema
intensiver Forschungen.
Aktive Hilfesysteme übernehmen selbst die Initiative
(vgl. [Herc94] S. 165ff). Dazu ist eine Überwachung des Dialogs zwischen
Benutzer und Anwendungssystem notwendig. Dabei sind einfache Fehler, wie
das Drücken einer falschen Taste einfach zu erkennen. Fehlerhafte
Parameter oder unzulässige Nutzung von Operationen können ebenfalls mit
relativ wenig Aufwand erkannt werden. Deutlich schwieriger ist die
Erkennung von logischen Fehlern. Hierzu muss bereits explizites Wissen
über Anwendungsbedingungen vorhanden sein. Wünschenswert, aber ebenfalls
schwierig ist das Feststellen einer suboptimalen Nutzung des Anwenders.
Das Hilfesystem muss dafür aufwendige Mechanismen zur
Wissensrepräsentation beinhalten. Diese Mechanismen sollen die Ziele des
Benutzers erkennen und die von ihm ausgeführten Aktionen auf Optimalität
prüfen. Werden Defizite festgestellt, aktiviert sich das Hilfesystem und
weist den Anwender auf alternative Lösungswege hin. Diese Art der
Hilfesysteme steht heute noch am Anfang ihrer Entwicklung. Aktive Hilfe
ist vor allem bei unerfahrenen Benutzern einzusetzen. Experten benötigen
diese Art der Hilfestellung nicht, werden u.U. sogar dadurch behindert
(vgl. [ISO9241-13] S. 10). Aus diesem Grund muss der Benutzer die aktive
Hilfe aus- und wieder einschalten können.
Im allgemeinen bieten Hilfesysteme ihre Informationen
statisch an. D.h., dass die Inhalte vom aktuellen Zustand der Anwendung
unabhängig sind. Das ist jedoch für den Benutzer unbefriedigend. Möchte
dieser z.B. vom Hilfesystem Alternativen zur Fortführung des aktuellen
Arbeitsstandes angezeigt bekommen, ist dies mit statischen
Hilfeinformationen schwer zu lösen. Die Anfrage nach zur Zeit verfügbaren
Operationen im Anwendungssystem stellt ein weiteres Anwendungsbeispiel für
diesen Problembereich dar. Teilweise lässt sich das Problem mit
Zugriffsstrategien umgehen, günstiger ist jedoch die dynamische
Bereitstellung von Hilfeinformationen. Damit wird dem Benutzer ermüdendes
Durchsuchen des Informationsraumes abgenommen. Ein dynamisches Hilfesystem
muss bereits während der Entwicklung eingeplant werden, da es eine
Repräsentation des Anwendungszustandes benötigt. Die dynamischen
Hilfesysteme sind auch ein guter Ausgangspunkt, individuelle
Hilfeinformationen anzubieten. So kann in Abhängigkeit der Benutzergruppe
ein bestimmter Detaillierungsgrad der Hilfeinformation angeboten werden.
Noch weiter geht der Ansatz, die bereits in Anspruch genommenen
Hilfeleistungen eines einzelnen Benutzer zu protokollieren und bei
weiterer Hilfeanforderung zu beachten. Der Ansatz der individuellen Hilfe
unterstützt auch die dynamische Änderung und Erweiterung von
Hilfeinformationen durch den Benutzer. So ist es wünschenswert, dem
Anwender die Möglichkeit zu geben, eigene Texte und Hilfethemen
hinzuzufügen (vgl. [ISO9241-13] S. 11).
Hilfesysteme sollten ihre Informationen grundsätzlich
in einem eigenen Darstellungsbereich ausgeben. Das ermöglicht die
parallele Nutzung von Anwendungs- und Hilfesystem. Außerdem wird damit der
Ansatz unterstützt, Hilfesysteme anwendungsunabhängig zu entwickeln.
Einerseits kann damit eine eigenständige, für Hilfesysteme typische
Schnittstelle entwickelt werden, andererseits können damit die
Hilfesysteme in verschiedensten Anwendungen wiederverwendet werden. Damit
ist das Hilfesystem dem Benutzer auch und vor allem gerade bei neuen
Anwendungssystemen bereits vertraut. Die Kostensenkung bei der Entwicklung
ist ein positiver Nebeneffekt.
Zur Umsetzung von Hilfesystemen eignen sich im
besonderen Maße Hypertext- bzw. Hypermediasysteme. Hypermediasysteme
dienen zur Erkundung eines Informationsraum. Sie basieren auf
multimedialen Datenbanken (vgl. [Komm+98] S. 3) Diese bestehen aus
vernetzten Informationen, die in Text-, Grafik- und Tonform vorliegen
können.
3.4.7
Fehlerbehandlung
Bei der Nutzung von Softwaresystemen treten, obwohl
nicht gewünscht, Fehlersituationen auf. Diese definieren sich dadurch,
dass der Benutzer das beabsichtigte Ziel nicht erreicht. Fehler können
aufgrund von Funktionsstörungen des Anwendungssystems oder durch den
Benutzer selbst verursacht werden (vgl. [ISO9241-13] S. 8). Eine
Fehlhandlung des Benutzers weist auf eine mangelnde Anpassung zwischen
Mensch und Computersystem hin. Im Rahmen dieser Arbeit wird auf die zweite
Gruppe von Fehlern näher eingegangen. Generelle Aussagen über Darstellung
und Behandlung lassen sich jedoch auch auf Systemfehler übertragen.
Grundsätzlich existieren zwei Strategien um mit einem
Fehlerproblem umzugehen (vgl. [Kens+95] S. 219). Bei der
Fehlervermeidung wird versucht, durch gutes Softwaredesign die
Fehlerrate klein zu halten. Das Fehlermanagement zielt darauf ab,
die Auswirkungen eines Fehlers möglichst gering zu halten. Dazu gehört
sowohl die Vermeidung von Folgefehlern und negativen Effekten als auch die
Minimierung des Fehlerbewältigungsaufwandes.
Die handlungstheoretische Fehlertaxonomie ist eine der
bekanntesten Klassifizierungen von Fehlern (vgl. [Kens+95] S. 218 und
[BrRu94] S. 199ff). Dabei werden sieben verschiedene Fehlhandlungen
identifiziert. An dieser Stelle wird eine einfachere Aufteilung in
lediglich zwei Klassen vorgenommen. Die Erste beruht auf der
Unaufmerksamkeit des Benutzers. Dazu gehören die Gewohnheits-,
Unterlassens- und Erkennensfehler der eben angesprochenen Fehlertaxonomie.
Die bei hochautomatisierten Operationen auftretenden Bewegungsfehler sind
ebenfalls dieser Klasse zuzuordnen. Die zweite Klasse geht auf ein
mangelndes Verständnis des Benutzers zurück. Hierzu gehören vor allem
Denk- und Urteilsfehler.
Die meisten Fehler treten bei Routinehandlungen auf und
gehören ersterer Klasse an. Das liegt daran, dass bei "automatisierter"
Abarbeitung von Aktionen die Aufmerksamkeit des Benutzer nachlässt. Es
finden meist mehrere mentale Prozesse gleichzeitig statt, wobei es zu
Interferenzen zwischen diesen kommen kann. Beispielsweise kann ein zu
weites Vorausplanen zur Folge haben, dass der aktuelle Stand der Handlung
vergessen wird. Im Rahmen der Fehlervermeidung kann diesen Fehlern durch
das Einfügen von Kontrollpunkten entgegen gewirkt werden. Solche
Kontrollpunkte können beispielsweise zusätzliche Eingabebestätigungen
sein. Damit wird der Benutzer bewusst zur Aufmerksamkeit gezwungen.
Kontrollpunkte sollten vor allem vor kritischen Aktionen eingefügt werden,
d.h. Aktionen die bei unbedachter Ausführung schwerwiegende Folgen haben
können. Bei Routinehandlungen können im allgemeinen effizient
Fehlervermeidungsstrategien eingesetzt werden. Brodbeck und Rupietta
nennen als wichtigste Techniken konsistente Dialoggestaltung,
Einschränkung von Freiheitsgraden, Sicherheitsrückfragen und
Sicherheitskopien (vgl. [BrRu94] S. 205ff).
Fehler aufgrund von mangelndem Verständnis sind durch
das Anwendungssystem schwer zu erkennen. Hier muss durch ein gutes
ergonomisches Design eine Vermeidung angestrebt werden. Vor allem der
Einsatz einer adäquaten Metapher kann dabei unterstützend wirken. Ein
umfassendes Hilfesystem kann dem Benutzer dabei helfen, sich vor der
Ausführung von Operationen genauer über den Problembereich zu informieren.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, eine vollständige
Fehlervermeidung zu erreichen. Dies liegt auch daran, dass es durchaus
Handlungen gibt, bei denen der Aufwand zur Bewältigung eines Fehlers
geringer ist als die Vermeidung des Fehlers selbst. Die Beseitigung von
Fehlern wird durch ein Fehlermanagement umgesetzt. Dieses umfasst die
Fehlerentdeckung, Fehlererklärung und Fehlerbehebung. Grundsätzlich können
Fehler sowohl vom Benutzer als auch vom System erkannt werden. Kann ein
Fehler nur durch den Anwender entdeckt werden, sollten ihm entsprechende
Diagnosewerkzeuge wie WYSIWYG-Editoren oder Vorschau- und
Simulationsfunktionen zur Verfügung gestellt werden
(vgl. [ISO9241-13] S. 9). Der Klärungsdialog wird in diesem Fall durch den
Benutzer initiiert und stellt im allgemeinen das Hilfesystem dar. Wird der
Fehler durch das System erkannt, sollte dies einen Klärungsdialog in Form
einer Fehlermeldung initiieren (vgl. Anhang A.6). Diese muss vermitteln,
was falsch ist, die Ursache nennen und Korrekturmaßnahmen beschreiben. Die
Behebung des Fehlers kann ebenfalls sowohl durch das System selbst oder
den Benutzer erfolgen. Die automatische Korrektur darf sich jedoch nicht
der Kontrolle des Anwenders entziehen. Im Rahmen des Fehlermanagement
sollte eine Undo-Funktion angeboten werden.
In einer empirische Studie wurden bei der Nutzung einer
Adresslösung 305 Nutzungsprobleme festgestellt (vgl. [Kens+95] S. 222ff).
In der anschließenden Auswertung konnten für 210 (68,9%)
Fehlervermeidungs- und für 295 (96,7%) Fehlermanagementvorschläge
entwickelt werden. Der Fehlerbehandlung sollte demzufolge vor allem im
Rahmen der Evaluierung eine entsprechend hohe Priorität eingeräumt werden.
3.4.8 Individualisierung
Ein Softwaresystem wird für eine Vielzahl von
unterschiedlichen Benutzern entwickelt. Wie bereits in Abschnitt 3.2.2
beschrieben, können diese in Benutzergruppen gegliedert werden. Eine
Anpassung der Benutzungsschnittstelle an diese Gruppen wird bereits
während der Entwicklung des Softwaresystems vorgesehen. Die konkrete
Arbeitssituation kann jedoch trotz intensiver Aufgaben- und
Benutzeranalyse nicht von vornherein umfassend beschrieben werden
(vgl. [Oppe94] S. 236). Daraus ergibt sich, dass die angebotene
Schnittstelle im Einzelfall nicht optimal ist. Um maximale Effizienz zu
ermöglichen, muss die Benutzungsschnittstelle anpaßbar sein. Die dabei
auftretenden Aspekte werden unter dem Begriff Individualisierung von
Benutzungsschnittstellen zusammengefasst. Oppermann weist auf einen
weiteren Grund für Individualisierung hin. So beinhaltet ein vollkommenes
Fehlen von Freiheitsgraden die Gefahr der Abstumpfung und Dequalifizierung
des Benutzers. Ein zu hoher Grad Individualisierung ohne
Strukturierungshilfe führt dagegen zu Orientierungslosigkeit und ist
demzufolge ebenfalls zu vermeiden.
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von
Individualisierung bestimmen. Wird die Anpassung vom Benutzer selbst
vorgenommen, spricht man von adaptierbaren Benutzungsschnittstellen
(vgl. [Herc94] S. 175ff). Die zweite Möglichkeit besteht in der Anpassung
durch das Softwaresystem selbst. In diesem Fall liegt eine adaptive
Benutzungsschnittstelle vor. Ähnlich wie bei den Hilfesystemen, befindet
sich diese Form noch in einem frühen Entwicklungsstadium.
Eine Individualisierung kann auf verschiedenen Ebenen
stattfinden. Die einfachste Form ist die Anpassung des Anwendungssystems
in seinem Erscheinen. D.h., der Benutzer wählt nach seinen Präferenzen
Farben, Schriftarten, Sprache, Positionen einzelner Bildschirmelemente
u.a. aus (vgl. Abbildung 5). Das Anwendungssystem sollte am Anfang
sinnvolle Voreinstellungen anbieten. Diese Einstellungen können dann je
nach Bedarf in einem einfachen Dialog durch den Benutzer geändert werden.
Die Festlegung von Synonymen stellt ebenfalls eine einfache Form der
Individualisierung dar. So können bestimmte Funktionsbezeichnungen bei
Benutzern falsche Assoziationen auslösen. Durch einfaches Umbenennen kann
dieses Problem gelöst werden. Eine weitere Form der Individualisierung ist
die Vorgabe von Standardwerten durch den Benutzer. Dies ist vor allem bei
Eingaben in Masken zweckmäßig. Durch geschickte Vorgaben lassen sich
erhebliche Effizienzsteigerungen erreichen. Eine sehr mächtige Art der
Individualisierung ist die eigene Definition von Operationen. Im
alltäglichen Arbeitsablauf werden bestimmte Sequenzen von Operationen
immer wieder ausgeführt. Fasst man diese einzelnen Schritte zu einem
einzigen zusammen, erhält man ein Makro. Für das Erstellen von
Makros wird der entsprechende Arbeitsablauf aufgezeichnet und mit einem
Namen versehen. Der Benutzer kann nun unter diesem Namen die einzelnen
Operationen mit einer einzigen Aktion auslösen. Kann man die Makros
parametrisieren wird dieser Mechanismus noch leistungsfähiger. In
umfangreichen Anwendungssystemen werden heute ganze Makrosprachen
integriert. Das bedeutet, dass der Benutzer eigene Programme schreiben
kann. Der Übergang vom reinen Makro bis zur Programmierung ist also
fließend.
Oft wird vom Softwaresystem ein Mechanismus angeboten,
der die Einstellung von Modi erlaubt. So kann der Benutzer durch eine
einzige Einstellung eine Vielzahl an Individualisierungsmöglichkeiten
durch das System vornehmen lassen. Beispielsweise wird in einem
Anfänger-Modus üblicherweise der Funktionsumfang eingeschränkt und die
Interaktionsinitiative hauptsächlich auf Seite des Softwaresystems liegen.
Die verschiedenen Formen der Individualisierung
verlangen vom Benutzer entsprechende Fähigkeiten. Zu ihrer Realisierung
werden Dialoge benötigt, die die Komplexität des Anwendungsprogramms
steigern. Es ist bei der Benutzer- und Aufgabenanalyse klar festzustellen,
welcher Grad der Individualisierung sinnvoll und dem Benutzer zumutbar
ist.

Abbildung 5
Dialog einer einfachen Möglichkeit der
Individualisierung im Prototyp
Im dem hier gezeigten Beispiel kann der Benutzer
bestimmte Farben einstellen. Diese einfache Form der Individualisierung
ist heute in fast jedem Softwaresystem verfügbar. Für den Farbdialog wurde
eine Standardkomponente benutzt. Die hier englischen Beschreibungen müssen
noch durch Deutsche ausgetauscht werden.
© yves köth |