Inhalt
• Einleitung
• Ziele •
Psychologie
• Entwurf •
Style Guide
• Prototyp
• Ausblick
• Literatur
• Anhänge
6 Zusammenfassung und Ausblick
Das Gebiet der Softwareergonomie ist sehr komplex. Eine
umfassende Erfassung ist innerhalb eines Werkes kaum mehr möglich. Dies
liegt vor allem an dem interdisziplinären Ansatz. So sind die kognitiven
Fähigkeiten des Benutzers die Grundlage, auf der die weiteren Aspekte
aufbauen. In diesem Bereich der Psychologie sind trotz intensiver
Forschungen noch erhebliche Wissenslücken aufzufinden. So ist
beispielsweise der Prozess des Denkens nach wie vor nicht vollständig
geklärt. In dieser Arbeit wurde sich darauf beschränkt, eindeutig geklärte
und wesentliche Aspekte der Psychologie zu nennen und kurz auf ihre
Bedeutung für die Softwareergonomie einzugehen. Für ein genaueres Studium
sei auf entsprechende Literatur verwiesen.
Der in Abschnitt 3.1 beschriebene benutzerorientierte
Gestaltungsprozess stellt nur einen Teil des gesamten
Softwareentwicklungsprozeß dar. Er ist an die Besonderheiten bei der
Entwicklung von Benutzungsschnittstellen angepasst. Auf Techniken, die
seine Einbindung in das Gesamtvorhaben unterstützen, wird dabei nicht
eingegangen. Preim diskutiert dieses Thema eingehender und weist auf
entsprechende Schwierigkeiten hin (vgl. [Prei99] S. 219ff). Die
Gestaltungsgrundsätze wurden eingehend erläutert. Die Entwurfstechniken
und -prinzipen, die für ihre Umsetzung genutzt werden, können an dieser
Stelle nicht erschöpfend behandelt werden. Aus diesem Grund wurden
lediglich die wichtigsten genauer beschrieben. Welche der genannten im
konkreten Projekt relevant sind, ergibt die genaue Analyse des
Nutzungskontext. Die Evaluierung von Benutzungsschnittstellen stellt einen
sehr wichtigen, aber auch komplexen Schritt im benutzerorientierten
Gestaltungsprozess dar. Die dabei anzuwendende Methodik konnte im Rahmen
dieser Arbeit nur angedeutet werden. Im Hinblick auf den praktischen Teil
der Diplomarbeit wurde das Kapitel Prototyping ausführlich behandelt. Die
zeitlichen Beschränkungen erlaubten jedoch keine vollständige Entwicklung
des Prototypen. Dieser befindet sich noch in der ersten Iterationsphase
und muss für eine Evaluierung weiter ausgebaut werden. Ein erster Eindruck
über Aussehen und Verhalten, vor allem des Typeneditor, kann jedoch
bereits vermittelt werden.
Im folgenden Abschnitt soll ein Überblick über
zukünftige Entwicklungen und Trends gegeben werden. Die dazugehörigen
Erläuterungen sollen auf den bestehenden Forschungsbedarf des
entsprechenden Gebietes hinweisen.
Die heute vorherrschende Form von Benutzungsoberflächen
sind grafische Fenstersysteme (vgl. [Prie99] S. 463). Daran wird sich auch
in den nächsten Jahren wenig ändern. Gestützt wird dieser Trend auch von
den technischen Neuerungen wie Flachbildschirmen, schnelleren Prozessoren
und immer leistungsfähigeren Grafikkarten. Damit wird die Qualität der
visuellen Informationsdarstellung stetig verbessert.
Andererseits ist die Komplexität von Anwendungssystemen
ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Somit wird es für den
Benutzer immer schwieriger, die gesamte Funktionalität zu erkennen und zu
nutzen. Die vorgestellten Techniken zum Entwurf von ergonomische
Oberflächen begrenzen dieses Problem, können es jedoch nicht lösen. Ein
Ansatz, der derzeit in der Wissenschaft verfolgt wird, ist die Entwicklung
intelligenter Benutzungsschnittstellen. Unter intelligent versteht man die
Fähigkeit einer Oberfläche, sich selbstständig an die Bedürfnisse des
Benutzers anzupassen. Aus diesem Grund werden intelligente
Benutzungsschnittstellen auch adaptive Systeme genannt. Zu ihrer
Realisierung werden Methoden und Techniken der Künstlichen Intelligenz
(KI) genutzt.
Bei heutigen Oberflächen sind umfangreiche
Individualisierungsmöglichkeiten vorgesehen. Diese werden jedoch meist vom
Benutzer aus initiiert. Benötigt beispielsweise ein Anwender häufig eine
Option, die im Menübaum sehr tief angeordnet ist, so wird er dieser eine
Beschleunigungstaste (shortcut key) zuweisen. Voraussetzung dafür ist,
dass er diese Funktionalität kennt. Ist das System adaptiv, so erkennt es
selbstständig, dass die Funktion oft genutzt wird und schlägt dem Benutzer
den Anpassungsschritt vor. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einmal
durchgeführte Eingaben als Voreinstellungen beim nächsten Dialogablauf zu
verwenden.
Diese relativ einfachen Anpassungen sind mit
herkömmlichen Programmiermethoden leicht zu realisieren. Voraussetzung
dafür ist lediglich die Erfassung eines Dialogprotokolls. Diese erfasst
sämtliche Interaktionsschritte und ermöglicht statistische Auswertungen.
Erweiterte Systeme protokollieren nicht nur die einzelnen Schritte des
Benutzers, sondern stellen die einzelnen Aktionen des Benutzers als Fakten
dar. Diese können auch noch mit Wahrscheinlichkeiten gewichtet werden.
Daraus können diese Systeme neues Wissen ableiten. Somit entsteht ein
umfassendes Benutzermodell innerhalb des Anwendungssystems. Diese Methodik
ist jedoch nur sinnvoll, wenn der Benutzer häufig mit dem Anwendungssystem
arbeitet.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet
der Agenten. Agenten erledigen für ihren Auftraggeber beziehungsweise
Benutzer Aufgaben, für die ein spezielles Fachwissen notwendig ist, oder
die aus vielen zeitaufwendigen Einzelschritten bestehen
(vgl. [Bren+98] S. 22). Sie lassen sich in menschliche, Hardware- und
Softwareagenten kategorisieren. Mit Hilfe der hier betrachteten
Softwareagenten soll die Benutzungsschnittstelle personifiziert werden.
Ihre Entwicklung basiert auf der Metapher des persönlichen Assistenten.
Beispiele für Agenten sind animierte Menschen oder comicartige Figuren.
Sie sollen dem Benutzer Aufgaben abnehmen oder ihn anderweitig
unterstützen. Ein Agent kann dabei durch seine Gestik und Mimik
Informationen vermitteln. Der Benutzer hat die vollständige Kontrolle über
den Agenten. So kann er Aufgaben delegieren, die dann selbstständig durch
den Agenten durchgeführt werden. Nach Abschluss meldet sich der Agent
automatisch zurück und berichtet über das Ergebnis seiner Arbeit. Im
Idealfall kann der Agent die Informationen verdichten, um eine unnötige
Belastung des Benutzers zu vermeiden. Der Agent orientiert dabei seine
Kommunikationsart am Benutzer. Dies macht seinen Einsatz vor allem bei
ungeübten Benutzer bzw. Anfänger sinnvoll. Wie der Anwender während der
Benutzung des Systems dazu lernt, sollte das auch der Agent tun. Auch er
kann sich ein Benutzermodell aufbauen und damit noch effizienter
unterstützen. Agenten sind für schlecht strukturierte, große
Informationsräume, wie beispielsweise das WWW nützlich. Die existierenden
Suchmaschinen sind bereits einfache Agenten. Müssen in Anwendungen schnell
schwerwiegende Entscheidungen getroffen, sind Agenten ungeeignet.
Zur Ausführung seiner Aufgaben benötigt der Agent einen
gewissen Grad an Intelligenz. Damit werden auch in diesem Gebiet Ansätze
der KI benötigt. Intelligente Agenten befinden sich erst am Anfang ihrer
Entwicklung. Weltweit sind jedoch große Anstrengungen in Forschung und
Praxis zu beobachten (vgl. [Bren+98] S. 20).
Ein weiterer Trend geht in Richtung der
erkennungsbasierten Benutzungsschnittstellen (vgl. [Prei99] S. 483 ff).
Diese ermöglichen es dem Benutzer über Sprache, Gestik und Schrift zu
kommunizieren. Das Problem für die Schnittstelle liegt darin, dass diese
auf zwischenmenschlicher Kommunikation basierende Interaktionsformen
mehrdeutig sein können. Erschwerend kommt die Individualität jedes
Menschen dazu. Aus diesem Grund sind heutige Systeme meist mit einer
kurzen Trainingsphase verknüpft, in der das System die
benutzerspezifischen Charakteristika erlernt. Diese werden bei der
Interpretation der Benutzereingabe berücksichtigt. Um möglichst viele
Mehrdeutigkeiten zu erkennen, wird während der Interpretation der aktuelle
Kontext beachtet. Bei Spracherkennung werden entsprechende Grammatiken
eingesetzt, um bei ähnlich klingenden Worten das richtige herauszufinden.
Damit erreichen gute Spracherkennungsprogramme eine Erkennungsrate von 90
bis 98 Prozent. Diese sind jedoch benutzerabhängig. Vom Benutzer
unabhängige Systeme erreichen maximal 70 Prozent, womit sie praktisch
unbrauchbar sind. Eine Erhöhung der Genauigkeit ist durch eine
Verkleinerung des Sprachwortschatzes erreichbar. Damit eröffnen sich eine
große Anzahl von Anwendungsgebieten. So kann beispielsweise das Telefon
oder Radio im Auto durchaus mit Sprache gesteuert werden, da der benötigte
Wortschatz klein ist. Dieser wird zusätzlich durch den Kontext
eingeschränkt. Beispielsweise macht der Befehl Auflegen beim
Telefon keinen Sinn, wenn keine Verbindung besteht. Der Benutzer wird in
diesem Fall Verbindung aufnehmen gesagt haben.
Mit der zunehmenden Verbreitung der Handheld PCs nimmt
die Bedeutung der Handschriftenerkennung wieder zu. Für diese sehr kleinen
Computer mit ihren begrenzten Ressourcen ist eine Spracherkennung zu
anspruchsvoll. Ein Tastatur ist ebenfalls ungünstig, da sie den Vorteil
der geringen Größe gegenüber normalen Computern beseitigen würde. Die
Erkennung der mit einem speziellen Stift geschriebenen Zeichen
funktioniert sehr gut. Die Eingaben müssen allerdings mit einem speziellen
Alphabet erfolgen. In diesem besteht jeder Buchstabe aus genau einem nicht
abgesetzten Strich, was die Erkennung für das System erheblich
vereinfacht. Das Alphabet ist jedoch leicht zu lernen und ermöglicht sogar
eine schnellere Eingabe als die sonst übliche Schreibschrift.
Auch auf dem Gebiet der Gestenerkennung wurden in den
letzten Jahren Fortschritte erzielt. Dabei können die Gesten durch
Videokameras oder Datenhandschuhe übermittelt werden. Während die
Erkennung mittels dem Datenhandschuh relativ einfach ist, gestaltet sich
die Videoerkennung als schwieriger. Der Vorteil ist, dass nicht nur Gesten
mit der Hand, sondern auch mit dem Kopf interpretiert werden können.
Probleme in diesem Bereich treten bei wechselnden Beleuchtungen und Farben
auf. Die bereits gut funktionierenden Datenhandschuhe werden vor allem in
dem Bereich der Virtual Reality genutzt. Dabei kann der Benutzer
durch eine 3D-Brille räumlich dargestellte Objekte direkt manipulieren
(vgl. [Eckg95] S. 3). Genutzt wird diese Technik beispielsweise, um den
Umgang mit teuren Maschinen wie Flugzeugen zu trainieren. Auch im
chirurgischen Umfeld befinden sich Systeme in Erprobung. Damit können
komplizierte Operationen simuliert werden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist
der Unterhaltungssektor, der mit einem Jahresumsatz von ca. 2 Mrd. DM
einen interessanten Markt darstellt (vgl. [Verb00]). Gesten oder
Spracheingabe ermöglichen beispielsweise auch für behinderte Menschen die
Computernutzung.
Computer halten in allen Bereichen des Lebens Einzug.
Sie werden vermehrt im Alltag anzutreffen sein. So können beispielsweise
Waschmaschinen, Radios Fernseher usw. einen Computer beinhalten, der die
Steuerung übernimmt. Für diese Anwendungsgebiete müssen entsprechende
Benutzungsschnittstellen geschaffen werden, die sich von den heutigen
deutlich unterscheiden können. Das Ziel ist, einen Schnittstelle zu
entwickeln, die vom Benutzer nicht bewusst wahrgenommen wird. Es ist
fraglich, ob die heute anzutreffenden Fenstersysteme in diesen Bereichen
die gebrauchstaugliche Benutzungsschnittstellen charakterisieren.
© yves köth |