Inhalt
Illustrations
Vorwort
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Nachtrag

 



Medaille auf Christoph v. Carlowitz (†1578)
Diese Medaille ist ein Werk des Tobias Wolff, Hofmedailleurs des Kurfürsten August von Sachsen. Wolff wurde 1574 durch den Kurfürsten nach Dresden berufen und lebte dort bis 1604, vgl. S. 10 und die Umschrift im Register.
 

1.  Das Geschlecht derer von Carlowitz

ie älteste beglaubigte Nachricht über ein Glied der Familie von Carlowitz findet sich in der pergamentenen Originalurkunde des Städtischen Archivs zu Dresden vom 24. November 1396.  Durch diese Urkunde verkauft der Burggraf Jon zu Donyn (Dohna) an Lorenz Busman, Bürger zu Dresden, das „Dorf zu der Tworne” (Quohren) „by Donin adir by Bosittindorf (Possendorf) gelegin”.  Unter den Zeugen, und zwar gleich hinter dem Burggrafen Jesko zu Donin, dem Bruder des Verkäufers, also an der Spitze der Doninschen Ministerialen, erscheint „Hanus Karlowicz zu Riczendorff [Reitzendorf, nordöstlich von Pillnitz am Porsberge] gesessin”.

Die von Carlowitz sind also aus einem Vasallengeschlechte der ehedem reichsunmittelbaren Burggrafen von Dohna hervorgegangen.  Daraus erklärt sich ohne weiteres der Mangel an beglaubigten Nachrichten über ihre ältere Geschichte: die sie betreffenden Urkunden find bei dem Brande der Burg Dohna in der Doninschen Fehde 1402 zu Grunde gegangen.  Eine Erinnerung an die kolonisatorische Tätigkeit der Carlowitze im Dienste der Donins bewahren vielleicht die beiden Dorfnamen Wendisch=Carsdorf und Ober=Carsdorf bei Dippoldiswalde.  Der Name des Geschlechts lautete wohl ursprünglich Karlsdorf und könnte von den Donins unter dem Einflusse der böhmischen Kanzlei in Carlowitz umgenannt worden sein.

Obwohl die Carlowitze in diesem Kampfe die Vertreter fast einer ganzen Generation durch den Tod verlieren, werden sie doch nicht mit in den Untergang der Doninschen Machtstellung verwickelt.  Die überlebenden Söhne der gefallenen Carlowitze werden vielmehr durch die großzügige Politik des Markgrafen Wilhelm unter Belassung aller ihrer Güter in den Meißnischen Lehensverband übergeführt und gewinnen durch diesen Wechsel ihrer Lehensherrschaft noch sehr an Besitz und Ansehen (s. m. Aufsatz im NAS. 49).

Die von Carlowitz haben bis in die neueste Zeit hinein in Sachsen hohe Staatsämter bekleidet: Adolf von Carlowitz, geboren 25. März 1858, gest. 9. Juli 1928, war 1914—1916 Sächsischer Kriegsminister, führte das 27. Reservekorps bei Zonnebeke=Becelaere=Gheluvelt gegen die Engländer und war 1918 Oberbefehlshaber der 9. Und dann der 2. Armee.

In älterer Zeit war es dem weitverbreiteten und reichbegüterten Geschlechte zweimal vergönnt, Männer von besonderer Bedeutung für die Geschichte der sächsisch=thüringischen Länder hervorzubringen, einmal im Zeitalter der Reformation, das anderemal im Zeitalter der französischen Revolution und der durch sie herbeigeführten Gegenwirkung, die wir als Geistesströmung mit dem Namen Romantik bezeichnen.

Im Reformationszeitalter war Georg von Carlowitz (geb. Um 1471, gest. 1550, zuletzt Besitzer der großen Herrschaft Kriebstein) ein sehr einflußreicher Rat des Herzogs Georg des Bärtigen und nach ihm galt sein Neffe Christoph von Carlowitz (geb. Den 13. 12. 1507 zu Hermsdorf), der 1519 unter Petrus Mosellanus in Leipzig, dann bei Erasmus von Rotterdam in Basel und endlich zu Dôle in Frankreich die Ideen der Renaissance in sich aufgenommen hatte, im Dienste des Herzogs Moritz als der maßgebendste Rat der sächsischen Politik.  Er betrieb erst die Verbindung Moritzens mit Kaiser Karl V. und dann dessen Überwindung im Feldzug von 1552, zuletzt übte er großen Einfluß auf den Kurfürsten August und den Kaiser Maximilian II. Aus, und starb im Jahre 1578 auf Schloß Rothenhaus in Böhmen.  Eine Steintafel über feinem Grabe in der Kirche von Görkau, ferner seine Lebensbeschreibung von Langen (1854) und die Biographie des Kurfürsten Moritz von Erich Brandenburg bezeugen seine hervorragende Bedeutung.

Die zweite Gruppe bilden die drei Söhne des Hans Carl August von Carlowitz und seiner Gemahlin Johanne Agnes Friederike von der Schulenburg auf Großhartmannsdorf bei Freiberg: Carl Adolf (geb. 21. Juli 1771), Hans Georg (geb. 11. Dez. 1772) und Christoph Anton Ferdinand (geb. 6. Juni 1785)  Diese drei Brüder sind durch ihre hervorragende Begabung, ihre Lebensführung und öffentliche Tätigkeit so eng miteinander verbunden, daß sie auch in diesem Buche als eine zusammengehörige Gruppe hochstehender Menschen behandelt werden sollen, da jeder zwar für sich eine anziehende Einzelerscheinung bildet, aber doch zugleich auch eine Wesensergänzung der beiden anderen darstellt.

Die Stoffsammlung zu einer solchen Darstellung ist von dem mittleren Bruder schon dadurch vorbereitet worden, daß er, obwohl sein ganzes leben in der Hauptsache dem Staate gewidmet war, vermöge einer ganz ungewöhnlichen Arbeitskraft und Arbeitslust doch die Zeit fand, die für eine solche Darstellung wichtigsten Papiere zu sammeln, zu ordnen und zu bewahren.  Sie liegen im Archiv des Ritterguts Oberschöna.  Weit zahlreicher und vielgestaltiger sind die Briefe und Akten, die das Carlowitzische Familienarchiv im Schlosse Kuckuckstein bei Liebstadt, dem ehemaligen Besitze des ältesten Bruders, Carl Adolf, enthielt.  Dorthin sind außer den Privatpapieren des Schloßherrn alle die mit der Erhebung von 1813 und dem „Banner der freiwilligen Sachsen” zusammenhängenden Dokumente, außerdem aber auch Papiere, die man in Oberschöna vermuten sollte, zusammengeflossen und haben auf Veranlassung des 1928 verstorbenen Schloßherrn, des Kammerherrn Carl Adolf von Carlowitz, eine sachgemäße Registrierung und Bezeichnung erfahren.  Seitdem aber Kuckuckstein in den Besitz des Herrn Dr. Heinsius von Mayenburg übergegangen ist (1931), sind nur die Gerichtsakten und einige für die Geschichte des Schlosses wichtige Teile des Archivs dort verblieben, die anderen sind dem im Schlosse Henda bei Wurzen verwahrten Geschlechtsarchiv derer von Carlowitz einverleibt worden.  Einzelne Dokumente und Briefe aus dieser Masse, die die Person Carl Adolfs betreffen, verdanke ich der Mitteilung des Oberleutnants a. O. Georg von Carlowitz in Liebstadt.  Andere auf die Carlowitzischen Brüder sich beziehende Akten und Briefe sind auch aus kleineren Archiven verwandter Familien herbeigezogen worden.

Um die Sammlung des Stoffes hat sich Frau Margarethe von Carlowitz, geb. Gräfin Holtzendorff, die Gemahlin des ehemaligen Besitzers von Oberschöna, des Kammerherrn Günter von Carlowitz, das größte Verdienst erworben.  Ihr ist auch die Anregung zu diesem Buche zu danken, dessen allmähliches Entstehen sie in jeder Weise ratend, helfend, mitarbeitend gefördert hat.  Die Familie von Carlowitz, aber auch alle Freunde der sächsischen und der deutschen Vergangenheit werden ihr dafür Dank wissen, insbesondere auch für die Bereicherung unserer Anschauung vom Menschentum und den allgemeinen Verhältnissen der an Gärungsstoff den Lebensbildern der drei Carlowitzischen Brüder vor unseren Augen entrollt.