Begriffssuche:

Terrorismus

Anarchie
Anarchismus
Antifaschismus
Baader, Andreas
Baader-Meinhof-Gruppe
Bundesgrenzschutz (BGS)
Clash, The
Ensslin, Gudrun
GSG 9
Guevara Serna, Ernesto (Che)
Kommunismus
Meinhof, Ulrike
Meins, Holger
Pop-Art
Punkrock
Rote-Armee-Fraktion (RAF)
Ramones, The
Sex Pistols
Terrorismus
Toten Hosen, Die
 

Terrorismus, Sammelbezeichnung für politisch motivierte Gewaltkriminalität extremistischer Organisationen, Gruppierungen oder Einzelpersonen in Form von gezielten, direkten Aktionen gegen hohe Funktionsträger in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft oder gegen symbolträchtige Einrichtungen und Institutionen.

Ziel des Terrorismus ist es, durch Androhung und Anwendung von Gewalt, die Verbreitung von Angst und Schrecken, die Schaffung eines Klimas der tiefen Verunsicherung und Bedrohung die bestehende politische und gesellschaftliche Ordnung zu destabilisieren und damit den Boden für eine grundlegende politisch-gesellschaftliche Umwälzung zu bereiten. Zur Strategie gehört es dabei, den Staat bzw. seine Institutionen wie Regierung und Sicherheitsapparat als unfähig oder hilflos gegen terroristische Aktionen bloßzustellen und die Loyalität der Bürger gegenüber dem Staat zu erschüttern, sowohl indem der Staat als hilflos bloßgestellt wird, als auch indem der Staat gezwungen wird, selbst ein Klima der Unfreiheit zu erzeugen, etwa durch Sonderrechte für den Kampf gegen den Terrorismus. Die Mittel des Terrorismus resultieren aus der personellen, logistischen und materiellen Unterlegenheit gegenüber dem Staat und konzentrieren sich auf gezielte Einzelaktionen wie z. B. Anschläge auf öffentliche Gebäude und Einrichtungen, Entführungen prominenter Funktionsträger, Flugzeugentführungen, und zwar in der Regel ohne Rücksicht auf Opfer in der Zivilbevölkerung.

Vom Terrorismus, der sich gegen eine bestehende staatliche Ordnung richtet, ist der Staatsterror zu unterscheiden, mit dem zumeist totalitäre Regime ihre Macht zu sichern suchen. Kennzeichnend für den Staatsterror ist die systematische Verletzung der Menschenrechte und der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit; ausgeübt wird er als Polizei- und Justizterror von der Exekutive selbst. Abzugrenzen ist der Terrorismus auch von den meisten Formen des Guerillakampfes sowie von der organisierten Kriminalität, auch wenn sie z. B. in Form von Attentaten gegen staatliche Funktionsträger dem Terrorismus nahe kommt.

Die Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit des gewaltsamen Umsturzes einer als unrechtmäßig empfundenen Regierung, etwa des Tyrannenmordes, reicht bis in die Antike zurück. Eine theoretische Rechtfertigung des Terrorismus lieferte jedoch erst im 19. Jahrhundert der revolutionäre Anarchismus Michail Bakunins, der die „Propaganda der Tat” in Form von terroristischen Aktionen gegen Vertreter und Institutionen des bestehenden Systems als „Signal” für den Umsturz forderte und den „Terror von unten” mit der „Vergewaltigung von oben” rechtfertigte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die meisten terroristischen Gruppierungen und Aktionen noch zumeist einen anarchistischen Hintergrund (vor allem in Russland, z. B. die Narodniki, und in Italien), und nach dem 1. Weltkrieg waren sie zum größten Teil rechtsextrem motiviert; nach dem 2. Weltkrieg trat der Terrorismus dann im Wesentlichen je nach Hauptmotiv als nationalistischer (separatistischer wie fremdenfeindlicher), befreiungsideologisch-antikolonialistischer, gesellschaftspolitischer oder religiös-fundamentalistischer (zumeist islamistischer) Terrorismus mit Mischformen und unterschiedlichen Strategien in Erscheinung.

Unter den nationalistischen und den befreiungsideologisch-antikolonialistischen Terrorismus – beides ist nicht immer klar voneinander zu trennen – fallen Organisationen wie die jüdische Irgun Zwai Leumi, die vor allem in den vierziger Jahren mit Terroraktionen gegen Briten und Araber in Palästina hervortrat; die Irisch-Republikanische Armee (IRA), die den Rückzug Großbritanniens aus Nordirland erzwingen will und die Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland anstrebt (hier spielen auch religiöse Motive mit); die ETA, die das Baskenland von Spanien loslösen will; palästinensische Befreiungsorganisationen wie PLO (die sich inzwischen vom Terrorismus distanziert hat), Fatah und Hamas, die für den Abzug der Israelis aus den besetzten Gebieten und einen palästinensischen Staat kämpfen und bei denen teilweise auch religiöse, fundamental-islamische Motive eine übergeordnete Rolle spielen. Während der Dekolonisation in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg griffen auch zahlreiche Befreiungsbewegungen in Afrika und Asien im Kampf gegen die Kolonialmächte zu terroristischen Mitteln; und nachdem die Kolonien unabhängig geworden waren, agierten in einer Reihe der neu entstandenen Staaten die um die Macht rivalisierenden Gruppen mit Terror gegeneinander bzw. gegen die Herrschenden. Hier vermischten sich häufig ethnische mit gesellschaftspolitisch-ideologischen Motiven. Ethnische, nationalistische Hintergründe haben auch die meisten der Konflikte, die nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks vor allem auf dem Balkan und in einigen der ehemaligen Sowjetrepubliken ausbrachen und in denen sowohl die Staatsmacht als auch oppositionelle Gruppen mit Terror arbeiteten, so etwa auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawien die regulären serbischen Truppen auf der einen und u. a. die Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK) auf der anderen Seite.

Der gesellschaftspolitisch-ideologische Terrorismus manifestierte sich seit den sechziger Jahren zunächst vor allem als Linksterrorismus. In der Bundesrepublik Deutschland z. B. war es die Rote-Armee-Fraktion (RAF), in Frankreich die Action directe und in Italien die Roten Brigaden, die alle mehr oder weniger klare sozialrevolutionäre Programme verfolgten und mit Sprengstoffanschlägen und Entführungen ihre Staaten im Mark erschütterten. Die Anschläge konzentrierten sich auf Symbole und Funktionsträger des bestehenden bürgerlichen Systems – genannt seien hier nur die Entführungen Aldo Moros durch die Roten Brigaden in Italien und Hanns Martin Schleyers durch die RAF in Deutschland –, richteten sich aber auch gegen Einrichtungen der USA (vor allem gegen Stützpunkte und Angehörige der US-Armee in Deutschland und Italien) als das Symbol für Imperialismus und Kapitalismus. Die Regierungen reagierten auf die terroristische Herausforderung mit zahlreichen Gesetzesänderungen; in Deutschland wurden beispielsweise der Straftatbestand der Bildung einer terroristischen Vereinigung eingeführt und Sonderkommissionen zur Terrorismusbekämpfung eingerichtet. Zwar entstand gerade im so genannten Deutschen Herbst 1977 durch den offenen Kampf zwischen Staat und RAF ein allgemeines Klima der Verunsicherung, Bedrohung und Unfreiheit, aber weder der RAF noch einer der anderen Terrororganisationen in Europa gelang es, in größerem Maße die Loyalität der Bevölkerung von den Herrschenden abzuziehen und breitere Akzeptanz für ihre Ziele und Mittel zu finden. Zwischen der RAF und der Action directe und vor allem palästinensischen Terrororganisationen gab es zahlreiche Verbindungen: So wurden etwa deutsche Terroristen in palästinensischen Lagern ausgebildet, und Palästinenser entführten 1997 ein Passagierflugzeug der Lufthansa, um inhaftierte RAF-Terroristen in Deutschland freizupressen.

Seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist auch eine markante Zunahme des Rechtsterrorismus zu beobachten. Ideologisch speist sich der Rechtsterrorismus aus nazistischem Gedankengut, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus sowie aus Hass gegen gesellschaftliche Minderheiten und Randgruppen wie Behinderte und Homosexuelle. Ziele rechtsterroristischer Angriffe sind dementsprechend Ausländer, Asylsuchende, Juden, Angehörige von Minderheiten, politisch anders Denkende sowie deren Einrichtungen (Ausländerwohnheime, Synagogen etc.), aber auch staatliche Institutionen, die aus verschiedenen Gründen abgelehnt und bekämpft werden. Der Anschlag auf ein Bürogebäude der US-Bundesregierung in Oklahoma City im Jahr 1995, bei dem 168 Menschen ums Leben kamen, steht exemplarisch für den rechtsextremen Terror gegen staatliche Einrichtungen. Auch völlig unbeteiligte Personen waren wiederholt Opfer rechtsterroristischer Anschläge, z. B. bei den Sprengstoffattentaten auf dem Münchner Oktoberfest 1980 und dem Bahnhof von Bologna 1985. In Bologna starben 85 Menschen. Ziel solcher Anschläge ist es u. a., den Rechtsstaat als zu schwach zur Wahrung der inneren Sicherheit „vorzuführen”.

Neue Qualitäten weist der Terrorismus im bzw. aus dem arabischen Raum sowohl in Bezug auf die Intensität der Anschläge als auch in Bezug auf ihre geographische Verbreitung auf: Der Terrorismus wurde international. Die Motive sind in einer Gemengelage aus fundamentalistischem Islam, Befreiungsideologie und sozialrevolutionären Elementen zu suchen, wobei die radikale, fundamental-islamische Richtung zunehmend in den Vordergrund tritt. In den eigenen Ländern ist der islamistische Terror primär auf die Schaffung islamischer Staatswesen ausgerichtet, wie etwa in Algerien und Afghanistan, aber auch in Palästina, wo einige der Widerstandsgruppen wie z. B. die Hamas die Errichtung eines islamischen Palästinenser-Staates anstreben. Ideologische Hauptgegner von Teilen der arabischen Welt und vor allem des fundamentalistischen Islam aber sind (neben Israel) die westlichen Industrieländer, allen voran die USA – dementsprechend werden zunehmend Ziele außerhalb der islamisch-arabischen Welt attackiert. Dabei bleibt die Zielsetzung zumeist diffus, sofern es sich nicht um Akte direkter Erpressung handelt wie bei der Geiselnahme von elf israelischen Sportlern durch die palästinensische Terrororganisation Schwarzer September bei den Olympischen Spielen in München 1972. Erste Anschläge arabischer Terroristen gegen US-Bürger oder US-amerikanische Einrichtungen direkt gab es in den achtziger Jahren: z. B. 1986 den Sprengstoffanschlag auf die von US-Soldaten frequentierte Diskothek La Belle in Westberlin und 1988 den Anschlag auf ein US-amerikanisches Verkehrsflugzeug, das über dem schottischen Lockerbie abstürzte; 270 Menschen fielen diesem Anschlag zum Opfer. In beiden Fällen wiesen die Spuren nach Libyen. 1993 wurde dann ein erstes Mal ein neuralgischer Punkt in den USA selbst, das World Trade Center in New York, das Symbol der Wirtschaftsmacht USA, Ziel eines Anschlags, der sechs Tote und über 1 000 Verletzte forderte. Verantwortlich für den Anschlag war der in New York wohnende ägyptische Scheich Omar Abderrahman, der Kopf einer weitreichenden islamistischen Organisation in den USA. 1998 erfolgten nahezu zeitgleich Sprengstoffanschläge auf die US-Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania), bei denen insgesamt 224 Menschen umkamen und über 1 000 verletzt wurden. Als Drahtzieher der beiden Anschläge machten die USA den saudischen Millionär Osama bin Laden aus, der als Führer, Chefideologe und Finanzier des internationalen islamistischen Terrorismus gilt und seit einiger Zeit unter dem Schutz des Taliban-Regimes in Afghanistan lebte. Osama bin Laden hatte alle amerikanischen Bürger zu legitimen Zielen von Terroranschlägen erklärt. Der Anschlag auf das Kriegsschiff USS Cole im Golf von Aden zwei Jahre später, bei dem 17 Matrosen starben, wurde ebenfalls Osama bin Laden zugeschrieben.

Von dem verheerendsten Terroranschlag ihrer Geschichte wurden die USA am 11. September 2001 heimgesucht: Terroristen hatten vier Verkehrsflugzeuge entführt; zwei der Maschinen steuerten sie in die beiden Türme des World Trade Centers in New York, die beide in Flammen aufgingen und binnen kurzem einstürzten; das dritte Flugzeug lenkten sie in das Pentagon bei Washington D.C, den Sitz des US-Verteidigungsministeriums. Die vierte Maschine sollte vermutlich Camp David, den Landsitz des amerikanischen Präsidenten, treffen, stürzte aber nahe Pittsburgh ab. Die Zahl der Todesopfer ging in die Tausende. Die Ermittlungen ergaben, dass es sich bei den Terroristen um Araber handelte; die Suche nach den Hintermännern und Drahtziehern führte erneut zu Osama bin Laden. US-Präsident George W. Bush wertete den Anschlag als „Krieg gegen die Zivilisation”, eine Einschätzung, mit der er international auf breite Zustimmung und Solidarität stieß; und auch der weitaus größte Teil der islamischen Welt verurteilte den Anschlag. Die NATO sah durch diese Terrorattacke zum ersten Mal in ihrer über 50-jährigen Geschichte den kollektiven Verteidigungsfall gegeben.