Gegen das Vergessen

Bündnis gegen Rechts

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Jahreswechsel
2000/2001:
Drohungen und
rechte Gewalt
in der
Oberpfalz

400 Demonstranten fordern Mahnmal für Opfer des Anschlags von 1988

"CSU-Veto Schande für Schwandorf"

Mahnmal aus Pappe aufgestellt / Polizei meldet ruhigen Verlauf / Eine Festnahme

von unserem Mitarbeiter Tobias Gotthardt

SCHWANDORF. Knapp 400 Demonstranten haben am Samstag mit einem Gedenkmarsch durch die Innenstadt an den zehnten Jahrestag des rassistischen Brandanschlages erinnert. Zum Abschluss des vom "Bündnis gegen Rechts" organisierten Pro- testzuges montierten die Gruppensprecher Irene Maria Sturm und Johannes Simon symbolisch eine Gedenktafel aus Pappe vor dem Habermeier-Haus. (Siehe auch Oberpfalz)

"Es ist eine Schande, daß die Stadt Schwandorf ein steinernes Mahnmal nicht erträgt", so die Kritik der parteilosen Stadträtin und Bündnis-Sprecherin Sturm. Vor den versammelten Demonstranten - überwiegend Jugendliche, laut Polizei angereist aus ganz Nordbayern - betonte Sturm die Bedeutung des Brandanschlages. Was die CSU herunterzuspielen versuche, sei tatsächlich "der erste rassistische Brandanschlag" in Bayern gewesen - "Mölln und Solingen folgten". Die Schwandorfer Opfer, so Sturm, seien "tagtägliche Mahnung hinzuschauen, aufzustehen und aktiv zu werden". Das allein sei das Anliegen des Bündnisses, der Demonstranten und letztendlich ausschlaggebend für die Forderung nach einem Mahnmal. Dieser Stein, entworfen, in Auftrag gegeben und bezahlt vom Bündnis gegen Rechts, begleitete den Demonstrationszug auf einem Handwagen.

"Kein normales Verbrechen"

Der Protestmarsch selbst bewegte sich über den Marktplatz, entlang der Naab zum Kolpingplatz. Von dort aus zogen die Demonstranten über den Wendelinplatz und den Bahnhof vor das ehemalige Habermeier-Haus am Schlesierplatz.

Begleitet wurde der Zug von Redebeiträgen verschiedenster Gruppen-vertreter. So mahnte Sophie Rieger, Landessprecherin der Humanistischen Union, vor einer Verharmlosung der Tat. "Es mag sein, daß man vor zehn Jahren versucht war, sich einzureden, daß es die Tat eines ideologisch verführten Einzelgängers war". Inzwischen aber hätten weitere Taten das Gegenteil bewiesen. "Es ist deshalb auch unverantwortlich, von einem ganz gewöhnlichen Verbrechen zu reden". Gotthold Streitberger, Vertreter der Regensburger BI Asyl sagte, "die einen treiben die zu Sündenböcken erklärten Menschen durch Gesetze in den Tod, die anderen nehmen Petroleum und Baseballschläger". Die Verlautbarungen der Schwandorfer CSU zum Mahnmal seien "ungeheuerlich" und reihten sich ein in eine Serie rassistischer Tendenzen in den konservativen Parteien. Anneliese Heitzer, DGB-Kreisvorsitzende, forderte die Demonstranten auf, "gemeinsam Dinge aufzuzeigen, die nicht mehr passieren dürfen". Am Schlesierplatz angekommen, warf Ahalcti Erdal, Vorsitzender des Internationalen Kultur- und Solidaritätsvereins der CSU vor sie wolle "dem Vergessen nichts in den Weg stellen".

Altlandrat Hans Schuierer, gemeinsam mit Landrat Volker Liedtke, MdL Franz Schindler und mehreren SPD-Stadträten ebenfalls Demonstrationsteilnehmer, bezeichnete das Verhalten der CSU als "Schande für Schwandorf". Die Kritik am Bündnis gegen Rechts zeige, "daß die Partei selbst offensichtlich einen Schritt zu weit rechts steht". Ein Mahnmal spiele den Anschlag nicht hoch. "Die Situation ist in Schwandorf nicht anders als anderswo, aber die Tat ist geschehen."

Kritisch zeigen sich auch die Lehrer. Als Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft erklärten Anton Plommer, Schwandorfer Kreisvorsitzender und Wolfgang Kirschner aus Amberg-Sulzbach in den Schulen zeigten sich die rechten Tendenzen am deutlichsten "Was wir brauchen, ist die verstärkte Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte unseres Landes". Der Lehrplan dagegen schiebe diese Themen "bis Schuljahresende" und umgehe so eine offene Diskussion in den Klassenzimmern.

Stadtväter und Bürger in gleichem Maße zum Nachdenken anregen soll nach den Wünschen der Bündnisvertreter auch ein am Ende der Demonstration aufgestelltes Pappmahnmal. Den Gedenkstein selbst, so Sturm und Simon, habe man "nach reiflicher Überlegung" nicht direkt im Anschluß an die Demonstration montiert. Aufgestellt aber wird der Stein trotzdem. Bis auf weiteres, so Sturm, findet er seinen Platz vor dem Büro des Bündnisses.

Nach Abschluß der Protestaktion zeigten sich die Veranstalter zufrieden. Als "übertrieben" bezeichneten zahlreiche Demonstranten jedoch die Anwesenheit des BGS. Ausgerüstet mit einer Videokamera verfolgten Beamte die gesamte Veranstaltung. Einen ruhigen Verlauf meldete gestern auch die mit starken Kräften vertretene Polizei. Lediglich ein Jugendlicher sei im Vorfeld wegen Mitführens eines "verbotenen Gegenstands" festgenommen worden.

Mittelbayerische Zeitung Schwandorf v. 21.12.1998