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Jahreswechsel |
Geschlossen gegen Faschismus
400 Demonstrationsteilnehmer gedachten der Brandopfer - Kein Mahnmal, aber eine AttrappeSchwandorf. (hou) Zum zehnten Jahrestag des von verbrecherischer Hand verübten Brandanschlags auf das "Habermeier-Haus" haben am vergangenen Samstag rund 400 vorwiegend junge Menschen gegen Rechtsradikalismus und Rassismus demonstriert. Der über zweistündige Zug durch die Schwandorfer Innenstadt verlief äußerst friedlich. Die im Vorfeld stattgefundenen Auseinandersetzungen um das Mahnmal vor der Stätte des Gewaltverbrechens hatten Einfluß auf die bei der Demonstration gehaltenen Reden. Am Marktplatz, am Wendelinplatz, vor dem Bahnhof und dann auch unmittelbar vor dem ehemaligen "Habermeier-Haus", wo die Demonstrationsteilnehmer Kundgebungsansprachen hörten, wurde der Gedenkstein immer wieder in den Mittelpunkt der Ausführungen gerückt. "Weil dort Türken lebten"Die Sprecherin des "Bündnis gegen Rechts", Irene Maria Sturm, sagte auf dem Marktplatz: "Wir werden den Anschlag niemals vergessen". Der damals 19jährige Täter, so fuhr sie fort, habe gezielt nach Ausländern gesucht und deshalb das Anwesen in Brand gesteckt, "weil er wußte, daß dort Türken lebten". "Opfer sind Mahnung""Die Opfer sind Mahnung für uns, hinzuschauen und aufzustehen", brachte Irene Sturm von einem Lautsprecherwagen aus zum Ausdruck und nannte die Namen der am 17. Dezember 1988 ums Leben gekommenen Mitbürger: Osman Can, Fatma Can, beider Sohn Mehmet und der deutsche Staatsbürger Jürgen Hübener. "Kein normales Verbrechen"Im Demonstrationszug durch die Stadt wurde ein Gedenkstein mitgeführt, den das "Bündnis gegen Rechts" als Mahnmal vor der Brandstätte hätte aufstellen wollen. Darüber, daß der Hauptausschuß des Schwandorfer Stadtrates mit Stimmenmehrheit der CSU dieses Mahnmal nicht zuließ, empörte sich die Landessprecherin der Humanistischen Union, Sophie Rieger. Sie widersprach der These von einem "irregeführten Einzeltäter" und unterstrich: "Nach den Erfahrungen der letzten zehn Jahre ist es unverantwortlich, so zu tun, als habe es sich um ein ganz normales Verbrechen gehandelt". "Lassen Sie ein Mahnmal zu!", appellierte Sophie Rieger an den Stadtrat und erinnerte daran, daß es in Städten wie Solingen und Mölln, wo es ebenfalls zu rechtsradikalen Brandanschlägen kam, solche Gedenkstätten längst gebe. Für ein gemeinsames MiteinanderEin klares Bekenntnis gegen Faschismus und Rechtsradikalismus legte die DGB-Kreisvorsitzende Anneliese Heitzer ab. Vor den Kundgebungsteilnehmern trat sie für ein gemeinsames Miteinander von deutschen und ausländischen Bürgern ein. Der Regensburger Bürgerinitiativen-Sprecher Gotthold Streitberger formulierte gleich danach: "Wir müssen für eine Zukunft ohne Rechtsradikalismus kämpfen". Als der Demonstrationszug nach über zweistündigem Marsch durch die Innenstadt den Schlesierplatz erreichte hatte, wurde erneut das Verbot einer Gedenksteinaufstellung bedauert und statt des mitgeführten Steins eine Attrappe niedergelegt. Die CSU habe durch ihre Argumentation den Namen Schwandorfs bundesweit in Verruf gebracht, sagte Stadträtin Irene Mai Sturm und ergänzte unter Beifall: "Sie vernebelt den rassistischen Hintergrund". Neben Vertretern vieler Gruppen schlossen sich am Samstag prominente SPD-Politiker der Demonstration an. Landrat Volker Liedtke und sein Amtsvorgänger Hans Schuierer nahmen teil, auch den Landtagsabgeordneten Franz Schindler und den Stadtratsfraktionsvorsitze den Helmut Hey sah man. Der Neue Tag Schwandorf, 21.12.1998 |