Gegen das Vergessen

Bündnis gegen Rechts

Home ] Nach oben ] Rede_BIAsyl ] AZ-1998-12-21 Demonotiz ] FR-1998-12-21 Demo-Vorbericht ] JW-1998-12-16 Demo-Vorbericht ] MM-1998-12-21 Demobericht ] MZ-1998-12-21 Demobericht ] MZ-1998-12-21a Demobericht ] NN-1998-12-21 Demobericht ] NT-1998-12-17 Gedenken nötig ] NT-1998-12-17 Gedenktag ] NT-1998-12-18 OB getäuscht ] NT-1998-12-19 Polizei-Hinweise ] NT-1998-12-21 Demobericht ] NT-1998-12-21 Demobericht ] [ RS-1998-12-23 Demobericht ] SNa-1998-12-12 Demovorbericht ] SZ-1998-12-21 Demo Meldung ] taz-1998-12-16 Demo-Vorbericht ] WB-1999-12-16 Kommentar ] Solinote Jugend Neumarkt 1998 ]

 

 

 

 

Jahreswechsel
2000/2001:
Drohungen und
rechte Gewalt
in der
Oberpfalz

Wo bleibt die Trauer?

Streit um ein Mahnmal / 400 Demonstranten kamen

Von Robby Gresser

Schwandorf Samstag 14.45 Uhr. Marktplatz von Schwandorf. Menschen drängen sich am Weihnachtsmarkt. Duft von Glühwein durchzieht die Buden-straßen. Aus den Lautsprecherboxen ertönt weihnachtliche Musik. "Stille Nacht, heilige Nacht". "Morgen kommt der Weihnachtsmann" und ähnliches, dargeboten von Peter Alexander bis James Last. Noch fünf Tage bis Weihnachten, dem Fest des Friedens. Doch mit dem politischen Frieden ist es in der Stadt nicht weit her. Zwei Lager haben sich gebildet. Auf der einen Seite Eva Maria Sturm, streitbare Ex-Grüne mit ihrem "Bündnis gegen Rechts". Auf der anderen Seite Oberbürgermeister Hans Kraus mit seiner Stadtratsmannschaft der CSU.

Um was geht es? Eva Maria Sturm möchte mit ihren Freunden auf städtischem Grundstück ein Mahnmal für die Opfer des "rassistischen Brandanschlages am 17. Dezember 1988..." errichten. Damals kamen das türkische Ehepaar Fatma und Osman Can, ihr 12jähriger Sohn Mehmet und Jürgen Hübener ums Leben. Das Feuer wurde von Josef Saller gelegt, der wegen diesem Anschlag noch zwei Jahre in der JVA Straubing einsitzt. Saller galt und gilt als Neonazi.

Jetzt nähert sich der Jahrestag zum zehnten Mal. Sturm und ihr "Bündnis gegen Rechts" wollten ein Mahnmal aufstellen. Der Stadtrat spricht sich mit den Stimmen der CSU dagegen aus. Die SPD unter MdL Franz Schindler und Altlandrat Hans Schuierer schlägt sich auf die Seite von Irene Maria Sturm. Der Streit dreht sich um eine Frage: War der Anschlag eine politische motivierte Tat oder nicht.

Für die Demonstranten am Samstag um 14.45 Uhr am Marktplatz ganz klar. Es war die Tat der Neofaschisten. Also benutzt man die Gelegenheit, die Demonstration zum zehnten Jahrestag des Anschlages gleichzeitig mit einer Demonstration gegen Faschismus und Rassismus zu verbinden.

Auf dem Marktplatz tummelte sich alles, was in der "AntifaSzene" Rang und Namen hat. Unter anderem die Gruppe Z. A. K. "Zusammen Aktiv Kämpfen" Sulzbach Rosenberg Bürgerinitiative Asyl aus Regensburg und "Rote Hilfe Passau". "Kaum Schwandorfer", erklärt ein Polizist gegenüber der RUNDSCHAU. "Von den 400 Demonstranten nur ein kleines Häuflein aus unserer Stadt. Die Nichteinheimischen zeigen sich demonstrationserfahren. Kaum setzt sich der Zug in Bewegung, Stakkatos: "Hoch die Internationale, Solidarität." "Nazi jagen, Nazi schlagen!" Aufruf zur Gewalt bei einer Demonstration für Opfer einer Gewalttat. Und MdL und Altlandrat maschieren hinter den Grölern her.

Im Laufe der Demonstration schießen sich die Redner immer mehr gegen die Unionsparteien ein. So Gotthold Streitberger: "Die Wurzeln solcher Verbrechen liegen in der ausländer-feindlichen rassistischen Politik von 16 Jahren Kohl-Regierung". Überhaupt wird in den Redebeiträgen sehr viel polemisiert. Außenstehende vermissen bei dem langen Marsch durch Schwandorf das mehr würdevolle Gedenken an die Toten. Selbst als es vom Bahnhof Richtung "HabermeierHaus", dem Ort der schrecklichen Tat geht, erklingt vom Lautsprecherwagen Punkrock. Spätestens hier wäre mehr Fingerspitzengefühl gefragt gewesen.

Das Gedenken zum zehnjährigen Jahrestag hätte anders ausfallen können. Eine große Chance von allen Parteien und Institutionen wurde vertan, gerade zur Weibnachtszeit, dem Fest des Friedens, sich die Hand zu reichen und gemeinsam eine würdevolle Gedenkveranstaltung zu zelebrieren. Nirgendwo ein Kranz. Nur Überlebende des Anschlages streuten rote Nelken auf das mitgeführte Mahnmal.

Tote als Streitobjekt der Politik und der Politiker. Darüber sollte man nachdenken.

Rundschau Schwandorf, 23.12.1998