Gegen das Vergessen

Bündnis gegen Rechts

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Jahreswechsel
2000/2001:
Drohungen und
rechte Gewalt
in der
Oberpfalz

Kein Mahnmal für die Opfer des Nazi-Brandanschlags

Hauptausschuß lehnt Sturm-Antrag mit Stimmen der CSU ab

SCHWANDORF (ig). In Schwandorf wird voraussichtlich kein Mahnmal an die vier Opfer des rechtsextremistisch motivierten Brandanschlags vom 17. Dezember 1988 erinnern. Die CSU-Mehrheit im Hauptausschuß lehnte gestern den Antrag von Stadträtin Irene Maria Sturm (parteilos) ab, die Errichtung eines Gedenksteins zu genehmigen und sich "nach eigenem Ermessen" an der Finanzierung zu beteiligen. OB Hans Kraus erklärte zum Abschluß der Debatte, er sehe keine Notwendigkeit für einen Gedenkstein (siehe Meinung im Teil 1).

Vier Menschen - drei Türken und ein Deutscher - waren 1988 im "Habermeier-Haus" in der Nähe des Schwandorfer Bahnhofs umgekommen. Den Brand hatte der damals 19jährige Rechtsextremist Josef Saller gelegt. Zehn Jahre nach der Tat wollten Mitglieder des "Bündnisses gegen Rechts" ein Mahnmal am Schlesierplatz installieren, das an die Opfer erinnern soll. Ein Antrag, der in den Reihen der CSU gestern auf harsche Kritik stieß.

CSU-Fraktionsvorsitzender Uwe Kass erklärte, ein derartiges Mahnmal würde das Verbrechen nur aufwerten. Seiner Ansicht nach handle es sich nicht um eine politisch motivierte Tat. Sie stehe vielmehr "in einer Reihe" mit zwei in den vergangenen Jahren in Schwandorf verübten Morden. Vor allem in Hinblick auf andere Opfer sollte man von keiner "Sonderstellung" des Brandanschlags in Kauf nehmen, wie sie das Mahnmal zwangsläufig bewirken würde, so Kass. Den Initiatoren um Irene Maria Sturm warf er vor, mit der Debatte "ein politisches Süppchen zu kochen". Deshalb sei er auch dagegen, daß sich die Stadt finanziell an einem Mahnmal beteilige. Dem Hauseigentümer sei es doch freigestellt, eine Gedenktafel anzubringen.

Auch CSU-Stadtrat Michael Kaplitz vertrat die Auffassung, daß ein Mahnmal Opfer in zwei Klassen teile würde. Den Antragsstellern gehe es in erster Linie um die Verwirklichung politischer Ziele, nicht um die Tat - woraufhin ein Aktivist des "Bündnisses" Kaplitz als "Demagogen" bezeichnete. "In Ihrer Partei waren genug Nazis", so der Zwischenrufer.

"Hürriyet"-Reporter kamen

Bereits zu Beginn der Sitzung ging es hoch her: Irene Maria Sturm und zwei Mitglieder des "Bündnisses gegen Rechts" überreichten dem OB eine von über 1300 Personen unterschriebene Liste für das Mahnmal. Der irritiert wirkende Kraus erklärte, er werde sich dadurch nicht in seiner Haltung beeinflussen lassen. Gespannt verfolgten auch zwei Journalisten der türkischen Tageszeitung "Hürriyet" die Debatte, in die Zwischenrufe des "Bündnisses gegen Rechts" fielen.

Unterstützung erhielt Antragsstellerin Sturm aus den Reihen der SPD. Fraktionsvorsitzender Helmut Hey erklärte, es gehe bei dieser Tat um weit mehr als ein Gewaltverbrechen. "Das war eine politisch motivierte Aktion". Das Mahnmal würde daran erinnern, daß in Schwandorf einer der ersten Brandanschläge auf Ausländer stattfand. "Der Brandstifter Saller wird mittlerweile im Internet zum Helden aufgebaut", berichtete Hey. Auch jetzt noch gebe es "die rechtsextremistische Gefahr". Das Mahnmal solle dazu beitragen, solchen Anfängen zu wehren.

Dr. Hans Zilch von den Unabhängigen Wählern stimmte, nachdem er sich über Größe und Aufschrift des Mahnmals informiert hatte, für eine Aufstellung. "Die Hintergründe des Rechtsradikalismus können wir nicht verschweigen."

"Bundesweiter Skandal"

Mit den Stimmen von OB Hans Kraus und der CSU-Fraktion wurde das Mahnmal dennoch abgelehnt. In einer schriftlichen Stellungnahme teilte das "Bündnis gegen Rechts" mit, daß man dies als "bundesweiten Skandal" Werte. "Wir werden das Vertuschen und Verschweigen nicht zulassen", so Johannes Simon, ein Sprecher des Bündnisses. OB Hans Kraus solle sich dem Votum von 1315 Bürgern nicht verschließen, die per Unterschrift ein Mahnmal gefordert hätten.

In der Presseerklärung fordert das "Bündnis" die SPD auf, ihr Votum für das Mahnmal auch in die Tat umzusetzen und das Thema noch bis zur Stadtratssitzung am 15. Dezember auf die Tagesordnung zu setzen. Für den 19. Dezember plant das Bündnis eine Demonstration auf dem Schwandorfer Marktplatz.

Mittelbayerische Zeitung Schwandorf v. 09.12.1998