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Jahreswechsel |
Das ist keine SchandeArmin Maus, MZIst Schwandorf eine Hochburg des braunen Ungeistes? Oder bringt ein Haufen hysterischer Aktivisten Schmutz und Schande über eine unbescholtene Stadt? Man kann die Argumente drehen, wie man will: Der Streit um ein Denkmal für die Opfer des rechtsextremen Mordbrenners Saller droht, das Image der Stadt und der Region Schwandorf schwer zu beschädigen. Schon sind überregionale Medien auf den"Knüller" aufgesprungen, eine Nachrichtenagentur befleißigt sich der Berichterstattung, gestern fanden ein Reporter und ein Fotograf der türkischen "Hürriyet" den Weg in die Sitzung des Schwandorfer Hauptausschusses. E5 ist eine gespenstische Entwicklung. Alle Streiter meinen es gut, alle haben "irgendwie" recht. Und trotzdem tragen sie Mitschuld an der Eskalation. Sie gehen mit dem Thema um, als hätte es weder Hoyerswerda noch die Lichterketten je gegeben. Sensibilität ist nicht die starke Seite dieser Debatte. Hirnverbrannten entgegenzutreten, die nach der Hautfarbe urteilen und nicht nach dem Charakter, die nicht nach den Fähigkeiten und dem Streben des Individuums fragen, sondern aus einem dumpfen Gefühl des Unterdrücktseins alles Fremde vernichten wollen, nur weil es fremd ist - das ist für unser weltoffenes Land lebenswichtig. Daß es in diesem Jahrzehnt so viele waren, die das Herrenmenschentum begrölten und dabei doch bloß ihre eigene Armseligkeit bewiesen, es macht öffentliche Gegenwehr nur unterstützenswerter. Doch auch eine gute Sache enthebt ihre Propagandisten nicht von der Pflicht zum Augenmaß. Schwandorf ist ganz sicher keine Festung des Rechtsextremismus. Wer einen anderen Eindruck erweckt, versündigt sich an der Stadt und ihren Menschen. Schwandorf ist vielmehr ein Musterbeispiel, wie sich mit Hilfe und Härte der Sumpf trockenlegen läßt. Als sich vor Jahren eine rechte Szene zu etablieren drohte, unternahmen Justiz, Polizei und soziale Dienste einen Kraftakt, der den Radikalen nachhaltig den Boden entzog. Auf Triumphgeheul wurde verzichtet, denn an PR hatte niemand Interesse. Mögen ein paar PC-begabte Wirrköpfe den Attentäter Saller zum Internet-Helden stilisieren - in Schwandorf hat und hatte er keinen Rückhalt. Vor diesem Hintergrund wird halbwegs nachvollziehbar, warum sich die Schwandorfer CSU so nachdrücklich gegen ein Pauschalurteil wendet. Es ist richtig: Kein Platz wäre für ein Denkmal, das als Kollektivbeschuldigung daherkommt. Aber wo wäre eine solche Zielrichtung denn auszumachen? Manches an der Zuspitzung hat mit der permanenten Gewitterlage zwischen OB Hans Kraus, seiner Fraktion und der grünen Stadträtin und Ex-Abgeordneten Irene Maria Sturm zu tun. Da verkommt selbst eine unnötig schrill, aber mit Berechtigung vorgetragene Initiative zum Prinzipienstreit. Damit ist zwar das Dilemma beschrieben, aber nicht der Schaden behoben. Das verheerende (auf einiger Ahnungslosigkeit basierende) Echo sollte Grund genug für einen Kurswechsel sein. In der Wolle gefärbte Demokraten wie Hans Kraus und seine CSU-Stadträte sind ohne jeden Zweifel entschiedene Nazi-Gegner. Deshalb gibt es für ihn und für die CSU gar keinen Grund zur Härte. Auch wenn ein einzelner Attentäter Schwandorf nicht zur Nazi-Hochburg macht: Wer öffentlich seine Abscheu, seine Betroffenheit, seine Wehrhaftigkeit bekundet, der macht seiner Stadt keine Schande.
Kein Mahnmal in SchwandorfSCHWANDORF (ig). In Schwandorf wird voraussichtlich kein Mahnmal an die vier Opfer erinnern, die im Dezember 1988 bei einem rassistisch motivierten Brandanschlag ums Leben kamen. Der Hauptausschuß der Stadt lehnte gestern mit den Stimmen der CSU, darunter Oberbürgermeister Kraus einen entsprechenden Antrag der parteilosen Stadträtin Irene Maria Sturm mit knapper Mehrheit ab. (Meinung, Obcrpfalz, Teil 1) Mittelbayerische Zeitung Schwandorf v. 09.12.1998 |